Mehr Geist in die Hirnforschung !
Das Vermächtnis von Josef Breuer !
von Dr. Jonathan Tennenbaum
Neuerdings genießt die Hirnforschung zunehmende Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit wie der akademischen Welt. Es ist gut, daß die Menschen sich für die Leistungen und den Nutzen dieses
vorzüglichen Organs wieder mehr interessieren. Leider aber hat eine einseitige Fixierung auf Analogien aus dem Bereich der elektronischen Datenverarbeitung die moderne Hirnforschung selbst geistig verkrüppelt.
Wie soll der Hirnforscher die Funktion eines Organs erfassen, mit dessen Hilfe ein unendlicher Reichtum von Ideen erzeugt und begriffen werden kann, wenn seine eigene Gedankenwelt auf ein kümmerlich kleines Repertoire mechanistischer Vorstellungen eingeengt wird?
Wie es besser gehen könnte, wollen wir am Beispiel von Josef Breuer (1842-1925) zeigen - dem genialen Arzt, Physiologen und Universalgelehrten, den Sigmund Freud als eigentlichen Entdecker der Psychoanalyse bezeichnete. Ein glänzender Vertreter der jüdischen Intelligenz seiner Zeit, stand Breuer ganz in der Humboldtschen Tradition der Einheit von Geistes- und Naturwissenschaften.
In den damaligen wissenschaftlichen Debatten über die Beziehung zwischen Geist und Materie vertrat er zusammen mit Gustav Fechner und Ewald Hering einen "monistischen" Standpunkt, der ihm zu wichtigen Entdeckungen in der Psychologie sowie in der Physiologie der Sinnesorgane und des Nervensystems verhalf. Dieser Standpunkt bleibt für die Hirnforschung aktueller den je.
Neuerdings genießt die Hirnforschung zunehmende Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit wie der akademischen Welt. Es ist gut, dass die Menschen sich für die Leistungen und den Nutzen dieses vorzüglichen Organs wieder mehr interessieren.
Die Hirnforschung und ihre Schwesterwissenschaft, die Psychologie, haben allerdings mit grundsätzlichen Paradoxa und methodischen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ganz in der selbstreflexiven Natur des Gegenstandes liegen. Wer den menschlichen Geist und das Gehirn untersuchen will, stellt zugleich sein eigenes Denken auf den Prüfstand! Hier hängt die Qualität der Forschung besonders eng mit dem kulturellen Umfeld des Wissenschaftlers zusammen.
Zwei Grundprobleme sind es vor allem, an welcher sich die Denkqualität des Hirnforschers zu messen hat:
Erstens, die Frage nach der Beziehung zwischen Geist und Gehirn - zwischen den Tätigkeiten des Geistes, wie sie jeder anhand seines eigenen Geistes "von innen" erlebt, einerseits, und den physischen Vorgängen im Gehirn anderseits, die, wie es scheint, das unabdingbare materielle Substrat des Denkens bilden. Die Elemente der Geistestätigkeiten und der physikalischen Hirnprozesse scheinen aber vollkommen inhomogen zu sein: Auf der einen Seite Vorstellungen, Ideen, Wünsche, Absichten, freier Wille; auf der anderen Seite elektrische Impulse, chemische Abläufe, die gefühllosen Gesetze der Physik. Geistestätigkeit und Hirntätigkeit sind miteinander aufs engste verknüpft, doch findet man in der ganzen Welt keine zwei Dinge, die so grundverschieden sind.
Ein zweites Hauptparadox, dessen Tragweite weniger erkannt wird, versteckt sich in der Frage: Was leistet eigentlich das menschliche Gehirn? Was leistet der menschliche Geist? Eine adäquate Antwort auf diese Frage, die wohl ganz am Anfang der Hirnforschung stehen müsste, erfordert erheblich mehr Nachdenken, als die meisten Forscher heute scheinen begriffen zu haben. Denn das Hauptmerkmal des menschlichen Geistes ist die Fähigkeit, sich immer weiter zu entwickeln, eine Eigenschaft, die dann auch dem Gehirn als biologischem Organ eingeräumt werden müsste. Dagegen kann der konkrete Forscher nur mit seinem eigenen Geist, mit seinem eigenen Gehirn denken! Wie kann er sich davor hüten, die Beschränktheit der eigenen Geisteskräfte, denen nun einmal jeder Sterbliche unterliegt, auf den Gegenstand der Forschung zu übertragen?
Ein Blick auf die heutige Wissenschaftsdebatte zeigt, dass die Schwierigkeit keineswegs nur theoretisch existiert. Wer z. B. die Existenz echt schöpferischer Geistesprozesse aus seinem wissenschaftlichen Blickwinkel verliert und nur mechanistisch denkt, wird sich wohl schwer tun, sich die Funktionsweise des Hirns und des Geistes anders als mechanistisch vorzustellen. Wer dagegen vor der kalten Strenge der physikalischen Gesetze zurückschreckt und seine Zuflucht in rein idealen Vorstellungen oder gar Esoterik sucht, wird kaum den lähmenden Dualismus im eigenen Denken überwinden und die Frage nach der Beziehung zwischen Geistes- und Gehirntätigkeiten sinnvoll beantworten können.
Die erwähnten Paradoxa gibt es seit den allerersten Anfängen der Wissenschaft, sie sind im gewissen Sinne notwendig und werden in irgendeiner Form immer weiter fortbestehen. Was sich im Laufe der Zeit verändert, ist die Art des Umgangs mit diesen Paradoxa. Eben daran spiegeln sich die Fortschritte der Erkenntnisse wider, insoweit sie über das rein Technische hinausgehen und in die Tiefe eindringen.
Wie steht es denn mit der heutigen Hirnforschung, wenn das Besagte zum Maßstab gemacht wird? Auf der einen Seite gibt es eine atemberaubende technische Entwicklung, die, angefangen von modernen bildgebenden Verfahren bis zu feinsten molekularbiologischen Methoden dem Forscher ungeahnte Möglichkeiten gibt, das physikalische Geschehen im Gehirn zu untersuchen. Im Vergleich mit diesem fantastischen technischen Fortschritt fällt aber der konzeptionelle Fortschritt mehr als bescheidend aus.
Das Problem zeigt sich nicht zuletzt in der geistigen Verkrampfung jener Forscher, die zum Verständnis der Tätigkeiten des Gehirns fast ausschließlich Metaphern und Analogien aus dem Bereich der elektronischen Datenverarbeitungssysteme verwenden. Wir wagen sogar zu behaupten, dass mit der Verfestigung simplistischer informationstheoretischer Denkschemen und der so genannten "kognitiven Revolution" - welche meines Erachtens den Namen nicht verdient -, die moderne Hirnforschung konzeptionell weit hinter dem Niveau von vor 100 Jahren zurückbleibt. In einem "Manifest elf führender Neurowissenschaftler" zum Beispiel, das 2004 in der Zeitschrift "Gehirn und Geist" veröffentlicht wurde, spricht man zwar von den Grenzen der "heutigen Konzepte der Informatik und der künstlichen Intelligenz", in dem gleichen Text stoßen wir aber auf solche typische Ausdrucksformen wie:
"Wir wollen herausfinden, wie Schaltkreise von Hunderten oder Tausenden Neuronen in Verbund des ganzen Gehirns Information kodieren, bewerten ... "
Soll man diese Ausdrücke wörtlich nehmen? Sind Neuronen wirklich nur "Schaltelemente"? Oder sollten sie endlich - wie das Manifest in Aussicht stellt - als vollwertige kleine Lebewesen gelten dürfen? Wenn ja, wenn wir es nicht mit dem bloßen Äquivalent elektronischer Schaltkreise zu tun haben, die "Bytes" austauschen, dann stellt sich sofort die nächste Frage: Was sind das für "Informationen", die sie kodieren und bewerten sollen? Zu was werden diese Informationen verarbeitet? Schauen wir ein schönes Gesicht an, oder hören wir einem Musikstück von Bach zu. Die Sinneseindrücke wirken auf uns, wir bekommen einen bestimmten Gesamteindruck, werden in eine bestimmten Gemütslage versetzt. Ist der Begriff "Information" überhaupt angemessen?
Der Grund der konzeptionellen Verkrampfung liegt unseres Erachtens nicht in der Hirnforschung oder Psychologie selbst, sondern in einer allgemeinen Schwächung des Einflusses jener klassischen humanistischen Kultur, die über Jahrhunderte die Natur- und Geisteswissenschaften zu Höchstleistungen beflügelt hatte. Ihre Besonderheit liegt darin, daß sie in jedem menschlichen Individuum jene kreativen Geistesprozesse zu erwecken und auszubilden fähig ist, deren äußerste Steigerung zu den größten naturwissenschaftlichen Entdeckungen, Kunstwerken und moralischen Handlungen der Menschengeschichte geführt haben. Dies bedeutet natürlich nicht, daß jeder, der eine klassische Ausbildung im Sinne etwa von Humboldt genießt, automatisch zum großen Genie wird. Die klassische Kultur und Bildung kann aber in jedem ein Bewußtsein dafür entwickeln, daß der Mensch in erster Linie ein geistiges Wesen ist, daß der menschliche Geist jenseits der Objekte sinnlicher Wahrnehmung auch noch andere Objekte – Ideen – wahrnehmen und Schritt für Schritt in gemeinsamer Wahrheitssuche solche höhere Ideen und Prinzipien entdecken kann, nach denen die sichtbare Welt geordnet ist. Dies kann uns zusammen mit der klassischen Kunst in eine bestimmte dankbare, heitere Grundstimmung versetzen.
Was hat Hirnforschung denn mit heiteren Grundstimmungen zu tun? Daß diese Frage keineswegs banal ist, sondern etwas sehr Fruchtbares in sich birgt, will ich hier an Hand eines Beispiels aus der Geschichte zeigen.
Es geht um das geistige Umfeld von Josef Breuer (1842-1925) - dem genialen Arzt, Physiologen und Universalgelehrten, den Sigmund Freud als eigentlichen Entdecker der Psychoanalyse bezeichnete. Ein glänzender Vertreter der jüdischen Intelligenz seiner Zeit, stand Breuer ganz in der Humboldtschen Tradition der Einheit von Geistes- und Naturwissenschaften. In den damaligen wissenschaftlichen Debatten über die Beziehung zwischen Geist und Materie vertrat er zusammen mit Gustav Fechner und Ewald Hering einen "monistischen" Standpunkt, der ihm zu wichtigen Entdeckungen in der Psychologie sowie in der Physiologie der Sinnesorgane und des Nervensystems verhalf. Dieser Standpunkt bleibt für die Hirnforschung aktueller den je.
Im folgendem will ich vor allem Breuer und seine geistigen Verwandten Fechner und Hering selbst zu Wort kommen lassen und zeigen, wie sie sich zu den Grundparadoxa der Hirnforschung und Psychologie verhielten. Dabei wird jene Grundstimmung hervorstrahlen, von welcher vorher die Rede war, und damit verbunden eine packende Klarheit im Umgang mit Ideen, von der man heute viel lernen kann. Das letzte Wort gebe ich Breuers berühmter Patientin, Bertha Pappenheim, die nach ihrer Genesung zu einer der hellsten Erscheinungen ihrer Zeit wurde. In wenigen Zeilen drückt sie aus, was die Wissenschaft heute nie außer Acht lassen darf.
Wer war Josef Breuer ?
Zuerst kurz zu Josef Breuers Biographie. Für weitere Einzelheiten zur Person Breuers weise ich auf das sehr nützliche Buch von Albrecht Hirschmüller, „Physiologie und Psychoanalyse in Leben und Werk Josef Breuers" (1978).
Josef Breuer wurde am 15. Januar 1842 in Wien geboren, der Vater war dort lange Jahre Religionslehrer an der jüdischen Gemeinde. Im Alter von acht Jahren ging er an das "Akademische Gymnasium", eine traditionsreiche Einrichtung, die das Prinzip des humanistischen Gymnasiums aufrechthielt und gleichzeitig die naturwissenschaftlichen Fächer besonders betonte. Acht Jahre später ging Breuer an die Wiener Universität, wo er in den ersten Jahren eine sehr breite philosophisch-wissenschaftliche Ausbildung erhielt. Ab 1859/60 begann er dort ein Fachstudium in Medizin, das er 1864 abschloss. Unter seinen Lehrern fanden sich einige der hervorragendsten Mediziner und Forscher seiner Zeit - unter ihnen Carl Rokitansky (nach Virchow bekannt als "der Linné der Pathologie"); der Gründer der Physiologie in Österreich und Vorreiter der sogenannten "biophysikalischen Bewegung" Ernst Brücke; der Physiologe und Kliniker Johann Oppolzer und nicht zuletzt der geniale Physiologe und Naturphilosoph Ewald Hering, von dem wir bald mehr hören werden.
In Juni 1864 promovierte Breuer zum Dr. med. und wurde Oppolzers Assistent an der medizinischen Fakultät. Später zog er sich nach einigen erfolglosen Bewerbungen aus dem akademischen Leben zurück. Er ließ sich 1871 als praktischer Arzt nieder und gehörte bald zu den bekanntesten und beliebtesten Ärzten der Stadt. Durch seine Praxis lernte er viele berühmte Persönlichkeiten Wiens kennen. Unter seinen Patienten befanden sich zahlreiche Künstler, Komponisten, Autoren und Wissenschaftler; mit vielen war er auch persönlich befreundet. Breuer betreute u.a. den Komponisten Johannes Brahms in dessen letzten Lebensjahren.
Breuer selbst wurde zu einer bedeutenden Figur des ganzen intellektuellen und kulturellen Lebens seiner Zeit. Sein Biograph Alfred Hirschmüller erklärt, warum: "Auf dem Gebiet der Naturwissenschaft war Breuer außerordentlich gut belesen. Gute Kenntnisse der wichtigen Entwicklungen der Physik, Chemie, Biologie, Kosmologie und so fort sind von einem Arzt zur Zeit Breuers zu erwarten... Weniger selbstverständlich war eine so profunde Kenntnis philosophischer Literatur wie Breuer sie zeigt. Von Empedokles bis Schopenhauer, von Spinoza und Leibniz bis Poincaré und Mach, auf alle diese Denker konnte er zurückgreifen... In seinen Briefen diskutiert er den Wert klassischer Bildung und historischer Erziehung, die Entwicklung der verschiedenen Staatsformen, ...verweist auf den Talmud und die Bibel, auf buddhistische-christliche Parallelen und die Grundlagen der paulinischen Theologie."
In seiner Biographie über Breuer bemerkt dessen Enkel Hans-Horst Meyer dazu: "Jeder, der Gelegenheit hatte, mit J. Breuer in Gesprächsverkehr und Gedankenaustausch zu treten, konnte nicht nur seine allseitige und gründliche Belesenheit im allgemeinen erfahren, sondern auch bewundernd bemerken, in welchem erstaunlichen Maße das einstmals Gelesene und Durchdachte ihm jederzeit in aller Klarheit und Deutlichkeit gegenwärtig war." Dazu war Breuer eine außerordentlich sympathische Person. "(Seine Nachsicht und Milde) ermöglichten ihm selbst in trüben Zeiten seine gleichmäßig ruhige, oft heitere Gelassenheit, jenen 'Optimismus, der nur möglich ist, wenn man ihn will', wie er einmal sagte, und eine sehr lebensfrohe, durchschnittlich dankbar-glückliche Stimmung."
Parallel zu seiner medizinischen Praxis führte Breuer seine naturwissenschaftlichen Forschungen in privater Regie und erlangte in der Physiologie eine Reihe wichtiger Ergebnisse, die zum Teil bis heute mit seinem Namen verbunden sind. Dazu gehören: Der entscheidende Nachweis dafür, daß Fieber nicht über das Nervensystem, sondern humoral, d. h. über die Verbreitung bestimmter Stoffe im Körper ausgelöst wird, womit ein alter Streit entschieden wurde.
Die Entdeckung eines wichtigen Regulationmechanismus’ der Atmung, des sogenannten Breuer-Hering-Reflexes.
Pionierleistungen in der Erforschung der Rolle, die die Ohrenbogengänge und der Otolithen-Apparat für den Gleichgewichtssinn und die Wahrnehmung der Bewegung spielen. Von der wissenschaftlichen Seite stand Breuer insbesonder unter dem wohltuenden Einfluß von Ewald Hering (1834-1918), einem der führenden Hirnforscher und Physiologen seiner Zeit. Hering gehörte zur "zweiten Generation" der berühmten Leipziger Schule der Physiologie und Psychologie.
Die "Leipziger Schule" ist generell für Breuers gesamtes wissenschaftliches Umfeld von entscheidender Bedeutung. Gegründet wurde sie von den berühmten Weber-Brüdern - Ernst Heinrich (1795-1878), Eduard Friedrich (1806-1871) und Wilhelm Eduard (1804-1891) - zusammen mit dem legendären Philosophen, Physiologen und Gründer der "Psychophysik", Gustav Theodor Fechner (1801-1887). Breuer stand nach eigenen Aussagen Fechners philosophischen Ansichten in vielen Punkten nahe.
Die Leipziger Schule war eng mit den Kreisen in Göttingen um den Mathematiker Carl Friedrich Gauss (1777-1844), Johann Friedrich Herbart (1776-1841) und später Bernhard Riemann (1826-1866) verbunden. Als wichtiges verbindendes Glied diente Wilhelm Weber, der Vater der Elektrodynamik und einer der größten Physiker aller Zeiten. Wilhelm Weber war in seiner Göttinger Zeit Gauss’ engster persönlicher Freund; mit ihm zusammen führte er den sogenannten "Magnetischen Verein" und baute den ersten elektrischen Telegraphen. Nachdem Wilhelm 1837 als Mitglied der protestierenden "Göttinger Sieben" nach Leipzig übersiedeln mußte, entwickelte sich eine verstärkte Zusammenarbeit mit allen drei Weber-Brüdern, die der Entwicklung der Physiologie, insbesondere der Elektrophysiologie, ungeheuren Aufschub gab. Vor allem eröffnete sich zum ersten Mal die Möglichkeit eines exakten experimentellen Studiums der elektrischen Aktivität der Nervenzellen.
Dazu gesellte sich die Psychologie. Der Göttinger Psychologe und Pädagoge Johann Friedrich Herbart unternahm, ausgehend von Leibnizens Monadologie, einen der ersten und einflußreichsten Versuche, die Psychologie zu einer exakten Wissenschaft zu entwickeln. Herbarts Nachfolger in Göttingen war der Leipziger Arzt und Philosoph Rudolf Hermann Lotze (1817-1881), der sich auch als Leibnizianer betrachtete und dessen Buch "Mikrokosmos" seinerzeits eine enorme Popularität genoß. Der junge Riemann, Nachfolger von Gauss, wurde von beiden unterrichtet. Riemanns revolutionäre Arbeiten über die physikalische Geometrie, über die Entstehung von "Geistesmassen" im Gehirn, über die Elektrodynamik, über den Bau der Sinnesorgane und vieles mehr lassen sich erst im Zusammenhang mit dem regen wissenschaftlichen Austausch zwischen Gauss, den Weber-Brüdern, Fechner und anderen richtig verstehen.
Ewald Hering, der mit den Weber-Brüdern und Fechner zusammen in Leipzig studiert hatte, trug entscheidend zur Entwicklung der Physiologie, insbesondere zum Verständnis der visuellen Wahrnehmung bei. Er war durch seine Grundansichten über die Phänomene des Lebens und die Funktionen der Sinnesorgane als großer Gegenspieler von Hermann von Helmholtz bekannt. Er ging 1865 an die militärische medizinisch-chirurgische Akademie (Josephs-Akademie) in Wien, wo Josef Breuer unter ihm Physiologie studierte. Später entwickelte sich eine fruchtbare wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden.
Hysterie als Paradox für die Hirnforschung
Im Folgenden will ich mich nicht weiter mit Breuers physiologischen Arbeiten beschäftigen, sondern fast ausschließlich mit seinem Beitrag zur Psychoanalyse, obwohl er nur einen kurzen Abschnitt seiner Karriere ausmacht. Eben jener Beitrag zeigt Breuers Denkweise am klarsten und enthält die größte Herausforderung für die heutige Hirnforschung. Wir bitten deswegen um Verständnis, wenn wir im Folgenden bis zu einer gewissen Tiefe in die Psychologie hineintauchen, um dann zum Schluß einige Überlegungen über die Zukunft der Hirnforschung abzuleiten.
Die Psychoanalyse befindet sich heute in einer paradoxen Situation. Einerseits spricht man von einem neuen "Dialog zwischen Hirnforschung und Psychoanalyse", in dem z.B. die Existenz unbewußter Gedankenabläufe mit Hilfe der neuen bildgebenden Verfahren bestätigt werden soll. Andererseits aber arbeiten einschlägige Kreise der Fachwelt seit Jahren eifrig daran, die letzten Reste der wissenschaftlichen Autorität der Psychoanalyse zu beseitigen und Sigmund Freud endlich als "toten Hund" zu begraben. Dabei darf man nicht übersehen, daß die Demontagearbeiten in erster Linie dem theoretischen Überbau der Psychoanalyse gelten, vor allem Freuds Sexualtheorie und seiner teilweise extravaganten "Metapsychologie". Sie gelten weniger den frühesten Ansätzen, den ersten erstaunlichen Einsichten in die dynamische Natur psychischer Erkrankungen, die zuerst von Josef Breuer und dann in Zusammenarbeit mit Freud, vor allem in den Jahren 1886-1893 gewonnen wurden.
Bald nach der Veröffentlichung des ersten Werkes "Studien über die Hysterie" (1895) hörte die enge Zusammenarbeit beider Männer auf. Obwohl dies gewöhnlicherweise auf angebliche Bedenken Breuers gegen Freuds Betonung der sexuellen Elemente bei der Hysterie erklärt wird, argumentiert Albrecht Hirschmüller sehr überzeugend, daß die eigentliche Ursache des Bruches in grundsätzlichen Unterschieden hinsichts der wissenschaftlichen Methode und Denkweise zu suchen sei.
Dass solche tiefgreifenden Unterschiede in der Tat existierten, läßt sich leicht nachvollziehen. Sie haben nicht zuletzt mit den Hauptparadoxa zu tun, die wir am Anfang dieses Artikels aufstellten. Man vergleiche nur Freuds "Entwurf einer naturwissenschaftlichen Psychologie", geschrieben im selben Jahr 1895, mit Breuers Schriften und Briefen und denen seines Lehrers Ewald Hering. Im "Entwurf" begeht Freud mit Vehemenz die gleichen methodischen Fehler, die wir in der heutigen Hirnforschung feststellen müssen. Er versteigt sich in den extremsten Reduktionismus, versucht alle geistigen Funktionen aus einer Art "Energetik" der Neuronen abzuleiten. Freud mußte wenige Monate später in einem Brief selbst einräumen: "Den Geisteszustand, in dem ich die Psychologie ausgebrütet, verstehe ich nicht mehr." Obwohl Freud seinen "Entwurf" nicht veröffentlichte (die Schrift erschien erst lange nach seinem Tod), wirkt das gleiche, seltsam zwanghafte Moment in seinem Denken weiter, vor allem in den theoretischen Teilen seiner Werke.
Der Gegenstand der ursprünglichen Zusammenarbeit zwischen Breuer und Freud ist auch heute für die Hirnforschung von großem Interesse. Das klassische Bild von der Hysterie (heute spricht man von dissoziativen Störungen und Konversionsstörungen) erstreckt sich auf verschiedene Kombinationen psychosomatischer Symptome - vor allem neurologischen Charakters -, zusammen mit schweren neurotischen (emotionalen) Störungen. Manchmal ähneln einzelne Symptome wie Lähmungen, Anästhesien, Krampfanfälle, Sehstörungen denen echter organischer Krankheiten so genau, daß sich oft beim Arzt erhebliche Bedenken regen, ob nicht doch ein unentdecktes organisches Leiden vorhanden sein könnte. Es ist sehr wichtig, vor allem für den Laien, festzustellen, daß solche Leiden wirklich nicht gespielt werden: der Patient ist genauso sehr Opfer, er kontrolliert die Symptomatik meistens genauso wenig wie bei einer organischen Erkrankung.
Hier bewegen wir uns in einem faszinierenden und höchst relevanten Grenzbereich zwischen Physiologie und Psychologie, der auch für die Biologie und Medizin insgesamt große Tragweite besitzt. Ich komme am Ende dieses Artikels ausführlich darauf zu sprechen.
Der große historische Wendepunkt in dem Verständnis und der Therapie der Hysterie kam mit Breuers Behandlung von Bertha Pappenheim - bekannt in den "Studien" als "Anna O."
Um die Größe von Breuers Verdiensten ermessen zu können, muss man sich vergegenwärtigen, dass er kein Spezialist für psychische Krankheiten war, sondern ein allgemein praktizierender Arzt - allerdings mit ganz ungewöhnlich breiter Bildung und Interessen -, der nebenbei physiologische Forschung betrieb.
Breuers Durchbruch
Der Fall von "Anna O" ist oft und ausführlich beschrieben worden, jedoch selten aus dem Blickwinkel des Entdeckungsprozesses, den Breuer gewissermaßen in Zusammenarbeit mit seiner Patientin zustande brachte. Ich beschränke mich hier nur auf wenige wichtige Schlüsselpunkte, die ich von Breuer selbst erzählen lasse. Dafür benutze ich nicht die berühmte "offizielle" Krankengeschichte, die in den "Studien über Hysterie" veröffentlicht wurde, sondert zitiere aus einem früheren Bericht Breuers an Robert Binswanger, dem damaligen Leiter des berühmten Sanatoriums Bellevue, in dem Bertha Pappenheim weiter betreut wurde.
Breuer beginnt charakteristischer Weise nicht mit kalten, medizinischen Fakten, sondern gibt ein feinfühliges Gesamtbild von der Patientin, das volle Achtung für ihre außerordentliche Begabung und Charakterstärke ausdrückt:
"Bertha Pappenheim, jetzt 23 Jahre alt, Intelligenz bedeutend; ausgezeichnetes Gedächtnis, erstaunlich scharfsinnige Combination und scharfsichtige Intuition, daher Täuschungsversuche immer mißlingen. Kräftiger Intellect, der auch solide Nahrung verdauen würde und sie brauchte, aber seit dem Austritt aus der Schule nicht erhielt.
Sehr monotones, ganz auf die Familie beschränktes Leben; Ersatz wird gesucht in leidenschaftlicher Liebe zu dem sie verhätschelnden Vater und im Schwelgen in der sehr entwickelten poetisch-phantastischen Begabung. Während alle sie anwesend glaubten, lebte sie Märchen durch, war aber auf Ansprache immer sogleich präsent, so daß Niemand davon wußte. Dieses wurde unter dem Namen ,Privattheater' Institution ihres geistigen Lebens; um so wichtiger und gefährlicher, als ihre übermäßig bevormundete Lection ihrer Activität nichts bot, und kein irgend bewegtes Leben ihrer geistigen Thätigkeit realen Inhalt gab."
Hier zeigt Breuer schon wichtige Einsichten in die Genese der Krankheit. Nun weiter zur Persönlichkeit der Patientin:
"Wille energisch, gut und ausdauernd, Eigensinn, der sein Ziel nur aus Güte um anderer willen aufgibt. Die Unbeständigkeit, die jetzt an ihr vortritt, dürfte ganz pathologisch sein.
Gut, mit sehr regem Mitleid; es ist das der Trieb in ihr, der am ehesten Betätigung braucht. Die Pflege und Besorgung einiger Kranken und Armen hat ihr... ausgezeichnete Dienste geleistet.
Ich halte sie für durchaus wahr, wenngleich einzelne Falsa in ihrer Krankheit vorkommen. Jedenfalls ist es immer besser, sie für wahrhaft zu halten, oder so zu scheinen, da sie nichts verächtlicheres kennt als Lüge, jede Einwirkung auf sie aber nur durch den Appell an ihre guten Eigenschaften möglich ist." (Hier und im weiteren Artikel sind die Hervorhebungen von mir - JT).
Breuer wurde von der Familie erst wegen Berthas chronischem Husten aufgesucht. "Doch bezeichnete ich die Patientin sogleich als geisteskrank, ihres sonderbaren Benehmens halber." Mit scharfem Blick bemerkte Breuer lakonisch "die Umgebung sah noch immer nichts". Er dachte sicherlich nicht zuletzt an die Mutter, die der Tochter gegenüber nicht besonders einfühlsam war.
Im Laufe der Krankheit entwickelte Anna O die verschiedensten psychosomatischen Symptome: schwere Sehstörungen (Einschränkung des Sehfeldes), Störungen der Augenbewegungen (Strabismus oder Schielen), Muskellähmung, Anaesthesie in den unteren Extremitäten, lähmende Kopfschmerzen. Zugleich betonte Breuer den psychischen Aspekt:
"Die nun aufmerksamere Beobachtung zeigt den psychischen Zustand schwer erkrankt. Rapidester Stimmungswechsel in Extremen, Heiterkeit, aber nur ganz vorübergehend, sonst Angstgefühl, ängstliche Hallucinationen von schwarzen Schlangen, Aufregungen,... wirft Polster auf ihre Umgebung, soweit und wenn es die Lähmung der Arme erlaubt, schimpft, reißt ihre Knöpfe ab und dergleichen. Dazwischen aber klare Zeiten, wo sie über die tiefe Finsternis ihres Kopfes klagt, wie sie nicht denken könne... Immer deutlicher trat hervor, daß sie zwei ganz getrennte Bewußtseinszustände habe... In dem einen erkannte sie ihre Umgebung, war traurig und launisch, aber relativ normal, im anderen hallucinierte sie, war ,ungezogen'... sie bemerkte die Lücke im Ablauf ihrer bewußten Vorstellungen."
Unter Breuers Augen entwickelten sich im Zuge verschiedener Ereignisse in Berthas familiären Umfeld immer weitere, teilweise bizarre Symptome, bis hin zur sogenannten Aphasie, dem Verlust des Sprechvermögens:
"Während des Verlaufs wurde nun zuerst beobachtet, daß ihr Worte fehlten. Allmählich nahm das zu. Dann traten die typischen grammatikalischen Veränderungen der Aphasiker auf. Sie verlor die ganze Conjugation des Verbums, sprach schließlich nur falsch gebildete, meist aus einem schwachen Participium praeterititi gemachte Infinitive, gar keine Syntax, kein Artikel. In weiterer Entwicklung fehlten ihr auch die Worte fast ganz, sie suchte dieselben mühsam aus 5 oder 6 Sprachen zusammen..."
Vorübergehend konnte Bertha gar nicht mehr sprechen, bzw. nur auf englisch, nicht aber in ihrer Muttersprache.
Da wir uns nicht mit den Einzelheiten des Falles als solchem beschäftigen wollen, beschränke ich mich auf die Stellen, an denen Breuer wichtige Einsichten in den Ursprung und die ideogene Natur der Symptome gewann und mit Hilfe der Patientin eine Methode zu ihrer Überwindung entdeckte.
"Es war bemerkt worden, daß sie in ihren Absencen jeden Tag in einem bestimmten Vorstellungskreis sich bewegt... Nachmittag(s) war sie somnolent, und Abends klagte sie ,Quälen, quälen'. Zuerst zufällig, später, als man darauf achten lernte, mit Absicht, fiel nun vor den andern ein Wort, das mit jenen Vorstellungen zusammenhing, und alsbald ,ging sie hinüber', begann... eine Geschichte in der Art von Andersens Bilderbuch oder Märchen zu erzählen, und gegen Schluß dieser Erzählung sprach sie ganz correct. Einige Momente nach Schluß erwachte sie dann, war offenbar beruhigt, oder wie sie sagte ,gehägig'. (...) Die Geschichten waren alle tragisch, teilweise sehr hübsch, meistens drehten sie um die Situation eines bei einem Kranken in Angst sitzenden Mädchens, doch auch ganz andere. Nahm ich ihr einmal abends die Geschichte nicht ab, so fehlte die abendliche Beruhigung, und am nächsten Abend waren zwei zu erzählen."
Hier finden sich erste Andeutungen von dem, was Bertha Pappenheim später "talking Cure" ("Sprechkur") nannte, und was den Anfang der Methode der Psychoanalyse bildete.
"Aus dem Ganzen war klar, daß jedes Produkt ihrer krankhaften Tätigkeit, ob es nun spontanes Produkt ihrer Phantasie oder ein von dem kranken Teil ihrer Psyche aufgefaßtes Begebnis war, als psychischer Reiz wirkte und so lange fortwirkte, bis es erzählt, hiermit aber auch die Wirksamkeit völlig beseitigt war."
Nach ersten kleinen therapeutischen Erfolgen mit dem "Wegräumen" solcher lästiger "Geistesprodukte" kam Breuer immer mehr auf die Spur der Bedeutung spezifischer Ereignisse im Leben der Patientin, die mit starken Emotionen (Affekten) verbunden, später aus dem Bewußtsein "abgetaucht" waren und pathogen wirkten. Es wurde klar, daß Erlebnisse während der Pflege ihres todtkranken Vaters eine zentrale Rolle spielten.
Zunächst erzählt Breuer von einigen Episoden, die ihn "in Erstaunen versetzten":
"(1) Patientin hatte, wenn Abends erwacht und zu Bett gebracht, nie geduldet, daß ihr die Strümpfe ausgezogen wurden; erst beim Erwachen um 2 oder drei tat sie das,... über die Umordnung klagend, daß man sie mit den Strümpfen schlafen lasse. Eines Abends erzählte sie mir eine längst vergangene wahre Geschichte, wie sie Nachts immer hinein zum Vater geschlichen sei um zu horchen... wie sie darum in Strümpfen geschlafen habe, dann einmal ihr Bruder sie erwischt und so fort. Alsbald nach Beendigung (der Erzählung - JT) begann sie einen gelinden Lärm, warum sie mit den Strümpfen zu Bett sei, zog sie aus, und die ganze Strumpf-Caprice war für immer vorbei.
(2) Sie klagte über die Durstqual, brachte man aber Wasser an ihre Lippen, so konnte sie nicht bewogen werden, einen Tropfen zu nehmen, ohne daß sie angegeben hätte, warum. Endlich erzählte sie eines Abends, wie sie den kleinen, ihr ekelhaften Hund ihrer Gesellschafterin habe aus einem Glas trinken sehen, nichts gesagt habe, um nicht grob zu werden... 5 Minuten nachher klagte sie über Durst, trank 1/2 Flasche Wasser aus und von da an war die Trinkhemmung wieder verschwunden.
Ebenso enstand plötzlich, wenn sie verärgert ihre Äußerung zurückgehalten hatte und veschwand, wenn zuerst mühsam, und mit Nachhilfe meinerseits die Begebenheit erzählt worden war, Krampf der musculi orbiculares palpebrarum (eines Gesichtsmuskels – JT)"
Besonders beeindruckend war die Aufhebung eines echten psychosomatischen Symptoms, eines vorübergehenden Blindheitszustands:
"Wirkliche Amaurose, die den verschiedensten Proben echt erschien, entstand ebenso durch Affekt und verschwand nach Erzählung der Begebenheit."
Nun sah sich Breuer in der Lage, die hysterischen Symptome systematisch zu behandeln. Unter Zuhilfenahme der Hypnose versuchte er, die Patientin schrittweise dazu zu bringen, sich an die spezifischen Umstände, unter denen die Symptome aufgetreten waren, zu erinnern:
"Jedes einzelne Symptom dieses verwickelten Krankheitsbildes wurde für sich vorgenommen; die sämtlichen Anlässe, bei denen es aufgetreten war, in umgekehrter Reihenfolge erzählt... rückwärts bis zur Veranlassung des erstmaligen Auftretens. War dieses erzählt, so war das Symptom für immer behoben."
So gelangen Breuer erste Durchbrüche, die für die ganze Wissenschaft der Psychologie ungeahnte Folgen hatten. In seinem Beitrag zu den "Studien" berichtet Breuer mehr über die Therapie der Bertha Pappenheim, er geht auf die Frage nach der Entstehung der Krankheit selbst und das Phänomen der geteilten Persönlichkeit ein. Die weitere Entwicklung der Theorie und Behandlung der Hysterie wurde von Sigmund Freud dominiert, der nach einer kurzen Periode der Zusammenarbeit mit Breuer seinen eigenen Weg ging, woraus der riesige Apparat der Psychoanalyse entstanden ist.
Wir wollen uns hier aber nicht weiter mit der Psychologie als solcher beschäftigen. Interessant für uns sind Breuers weitere Überlegungen über den Zusammenhang zwischen Psychologie und Physiologie, zwischen Geistestätigkeit und Nerventätigkeit, die für die Hirnforschung heute noch ungeheur aktuell sind.
Zuerst aber ein paar Worte über das weitere Schicksal der Bertha Pappenheim
Die wirkliche "Anna O"
Aus verschiedenen Gründen, vor allem, weil Breuer die Identität der Patientin nicht preisgeben wollte, stimmt die Krankengeschichte der "Anna O", die Breuer in den "Studien über Hysterie" veröffentlichte, mit der wirklichen Geschichte nicht vollkommen überein. In den "Studien" entsteht der Eindruck, als ob "Anna O" nach Abschluss von Breuers Therapie im wesentlichen geheilt war. Wir wissen aber, zum Teil durch Briefe von Breuer selbst, dass Bertha Pappenheim wiederholt in Nervenkliniken weiterbehandelt wurde und erst mehrere Jahren später als einigermaßen gesunder, arbeitsfähiger Mensch leben konnte. Diese Verzögerung hängt sicherlich mit den Überresten und andauernden Folgen ihrer sehr schweren Erkrankung zusammen. So war sie z. B. von Morphin und dem Schlafmittel Chloralhydrate abhängig geworden - was damals in solchen Fällen gar nicht unüblich war -, und mußte sich erst schmerzlich entwöhnen. Aus dem Briefwechsel geht hervor, daß Breuer nach der Beendigung seiner Therapie sich weiter um sie kümmerte und daß er die Perspektive einer endgültigen Heilung vor allem an ihrer ungewöhnlichen Willensstärke festmachte.
Breuers klare Einsicht in die entscheidende Rolle der Persönlichkeit, des individuellen menschlichen Wesens, für den Erfolg eines Heilungsprozesses, war mehr als nur Ausdruck seiner Erfahrung und seiner ärztlichen Ethik. Seine ganze Lebensphilosophie und sein Menschenbild konzentrierten sich auf das, was er mit dem altgriechischen Wort "tychae" – also Schicksal, aber auch Zufall - verband. Es ist nicht leicht und würde hier zu weit führen, Breuers Begriff dafür in Worte zu fassen. Ich belasse es deswegen mit einem Zitat von ihm selbst aus einem Brief an den Philosophen Franz Brentano im April 1903:
"[Mein Denken] ist bedingt durch alles, was ich letzthin tychae nannte (orphische Urworte Goethes), Erziehung, Milieu, Lektüre, Beruf, Erlebnis... Aber allerdings meine ich, diese Bedingtheit bestehe nicht bloß für mein Denken, sondern sei allgemeines Schicksal; nicht bloß der kleinen Sinnierer, sondern auch der großen Denker. Und nicht bloß in dem Sinne, daß jeder, wie das Werk eines jeden, davon abhängig war, welche Stufe der Entwicklung die Wissenschaft zu seiner Zeit erreicht hatte, sondern abhängig, beeinflußt von eben dem, was ich tychae nenne..."
Die Heilungsgeschichte Bertha Pappenheims läßt einen häufig an das Schicksal denken. Leider wissen wir fast nichts über die Zeit zwischen dem Ende der Behandlung durch Breuer (wahrscheinlich Ende 1881) und 1888, als ihr erstes Buch "Kleine Geschichte für Kinder" anonym erschien und Bertha, scheinbar ziemlich gut wiederhergestellt, nach Frankfurt übersiedelte. Auch der Autorin der neuesten, interessanten Biographie über Bertha Pappenheim, Marianne Brentzel, ist es nicht gelungen, diese Lücke in ihrer Heilungsgeschichte zu schließen. Sehr wahrscheinlich scheinen uns folgende Feststellungen: Daß die Behandlung durch Breuer eine entscheidende Wende in ihrer Krankheitsgeschichte brachte, die eine Genesung erst ermöglichte;
daß Bertha Pappenheim danach aber vor allem Kraft ihrer eigenen charakterlichen Stärke gesund wurde, was untrennbar mit ihrer späteren Rolle als Autorin, Frauenrechtlerin und Vorkämpferin für die Würde und Rechte aller Menschen verbunden war;
daß die intensive Betätigung ihrer intellektuellen und moralischen Kräfte in schriftstellerlichen und karitativen Wirksamkeiten, eine entscheidende Rolle bei ihre Genesung spielte. Tatsächlich entwickelte sich Bertha Pappenheim zu einer der hellsten Erscheinungen der jüdischen Avantgard ihrer Zeit. Um dem Leser einen Eindruck ihres Charakters zu vermitteln, zitiere ich hier eines ihrer bekanntesten Gedichte (entstanden 1910). Am Ende dieses Artikels folgt ein zweites.
Weh Euch, Ihr Großen
Mit den tönenden Stimmen!
Blind seid Ihr und taub,
gegängelt von schmutzigen Händen.
Hört nicht die Stimmen der Wut,
Seht nicht die Fratze des Elends,
Fühlt nicht den Jammer des Volks,
Des klopfenden Herzens noch hoffet
Erlösung zu finden durch Euch.
Laßt einmal Euch sagen,
Wie verächtlich es ist,
Die Wut dieses Volkes
Zum Schemel zu machen
Für Eure Füße.
Die Wut des Volkes ist groß,
Doch größer noch ist seine Kraft
Und die Kraft des heiligen Werdens
Und Wachsens der Freiheit
Durch sittliches Wollen
Im Volke selbst.
Die schmutzigen Hände vermodern,
Die lauten Stimmen verhallen.
Gedüngt durch Ströme von Tränen
Wird sich dem Boden entringen
Aus uralten Wurzeln
Erneutes Wachstum –
Trotz Euch
Das Unbewußte und der Zusammenhang von ...
Das Unbewußte und der Zusammenhang von Gehirn und Geist – von Leibniz bis Breuer
Josef Breuer blieb im Bezug auf seine Verdienste in der Psychologie ziemlich bescheiden. In einem Brief an dem französischen Forscher August Forel schriebt er:
"Mein Verdienst bestand wesentlich darin, daß ich erkannte, welch ungemein lehrreichen, wissenschaftlich wichtigen Fall mir der Zufall zur Bearbeitung zugewiesen hatte, daß ich in aufmerksamer treuer Beobachtung ausdauerte und nicht durch vorgefaßte Meinung die einfache Auffassung des Gegebenen störte. So habe ich damals sehr viel gelernt; viel wissenschaftlich wertvolles; aber auch ein praktisch wichtiges, daß ein ,general practicioner' unmöglich einen solchen Fall behandeln könne, ohne daß seine Tätigkeit und Lebensführung völlig dadurch zerstört würde. Ich habe mir damals gelobt, noch einmal durch ein solches Ordeal (Martyrium - JT) nicht zu schreiten."
Breuer weist hier darauf hin, daß die Heilung psychisch Kranker eine ganz andere Intensität der Beziehung zwischen Patient und Arzte erfordert, die über Monate und Jahren andauern kann, als in der normalen medizinischen Praxis üblich ist. Er bezahlte seine Einsichten mit dem Preis eines ungeheuren persönlichen Engangements und wohl auch mit einer ernsthaften Störung seines Ehefriedens. Jedenfalls scheint sich Breuer, abgesehen von einigen wenigen weiteren Fällen, nicht mehr speziell mit der Behandlung psychischer Erkrankungen beschäftigt zu haben. Trotzdem dachte er weiterhin intensiv über die Grundfragen der Nervenphysiologie und der Hirnforschung nach.
Wesentlich mehr als Freud betonte Breuer stets die Grenzen des eigenen Wissens und die Notwendigkeit weiterer fundamentaler Entdeckungen im Grenzbereich zwischen Psychologie und Physiologie. In seinem Beitrag "Theoretisches" zu den "Studien" von 1895 schrieb er:
"Aber wieweit von der Möglichkeit eines solchen vollständigen Verständnisses der Hysterie sind wir heute noch! Mit wie unsicheren Zügen sind hier die Konturen umrissen worden, mit wie plumpen Hilfsvorstellungen sind die klaffenden Lücken mehr verdeckt als ausgefüllt. Nur die eine Erwägung beruhigt einigermaßen: daß dieses Übel allen physiologischen Darstellungen komplizierter psychischer Vorgänge anhaftet und anhaften muß. Von ihnen gilt immer, was Theseus im Sommernachtstraum von der Tragödie sagt: ‘Auch das Beste dieser Art ist nur ein Schattenspiel.’ Und auch das Schwächste ist nicht wertlos, wenn es sucht, in Treue und Bescheidenheit die Schattenrisse festzuhaIten, welche die unbekannten wirklichen Objekte auf die Wand werfen. Dann ist doch immer die Hoffnung berechtigt, daß irgend ein Maß von Übereinstimmung und Ähnlichkeit zwischen den wirklichen Vorgängen und unserer Vorstellung davon bestehen werde."
Der Hinweis auf Platons berühmtes "Höhlengleichnis" ist hier besonders angebracht, weil Breuers eigene Entdeckungen alle Zweifel an der realen Existenz des sogenannten "Unbewußten", das in der Psychologie lange nur ein Schattendasein geführt hatte und auch heute vielfach mystifiziert wird, ausräumte. Auf der tieferen Ebene lässt sich ein wissenschaftliches Verständnis vom Zusammenhang zwischen Geistes- und Gehirnprozessen ohne eine weitere Klärung jenes "Unbewussten" nicht erreichen.
Mit seiner Patientin Bertha Pappenheim hatte Breuer die erstaunliche Entdeckung gemacht, dass hysterische Symptome - auch die anscheinend körperlichen - ideogener Natur sind. Sie hängen mit bestimmten Vorstellungen und Ideen, meistens - wie Breuer im weiteren aufzeigen konnte - mit spezifischen traumatischen Erinnerungen zusammen, die mit heftigen Affekten verbunden sind, die aber kurioserweise aus dem Bewußtsein der Patientin völlig verschwunden waren, und sich nur über den Umweg der "körperlichen" Symptome gewissermaßen "entluden". Man hatte schon früher vermutet, dass Menschen "an Erinnerungen" erkranken könnten.
Wie kann jemand unter der Gewalt einer intensiven Erinnerung stehen, ohne sich dieser zu erinnern?
Breuer brauchte einen ganz ungewöhnlich festen Glauben an die lückenlose Gesetzmäßigkeit der physiologischen wie auch der seelischen Vorgänge, um den Gedankengang nicht vorzeitig abzubrechen. Die paradoxe Schlußfolgerung zwang sich jedoch auf, dass es ganze Komplexe von Gedanken und Erinnerungen gibt, die ständig "im Hintergrund" des seelischen Lebens aufspielen, bei den Erlebnissen und Gedanken des bewußten Lebens "mitschwingen" und die Motivationen, Handlungen, Reaktionen und erlebten Gefühle des Menschen in jedem Augenblick mitbestimmen.
Der Hintergrund und die Tragweite von Breuers Durchbruch werden erst dann völlig klar, wenn wir uns des langen wissenschaftlichen Ringens mit der Natur des "Unbewußten" vergegenwärtigen, welches auf Gottfried Wilhelm Leibniz zurückgeht. Um Breuers eigene Ausführungen über die Beziehung zwischen Psychologie und Physiologie und die Rolle des Unbewußten besser würdigen zu können, zitieren wir erst drei seiner Vorgänger: Leibniz selbst, Gustav Fechner und Breuers Lehrer, Ewald Hering.
1. Leibniz
In seinen Neuen Abhandlungen über den menschlichen Verstand, geschrieben um 1704, spricht Leibniz schon von einer ständigen unbewussten Tätigkeit der Seele:
"Es gibt gar viele Anzeichen, aus denen wir schließen müssen, daß es in jedem Augenblicke in uns eine unendliche Menge von Perceptionen gibt, die aber nicht von Apperzeption und Reflexion begleitet sind, sondern lediglich Veränderungen in der Seele selbst darstellen, deren wir uns nicht bewußt werden... Die auf die Seele und den Körper geschehenden Eindrücke sind, wenn sie den Reiz der Neuheit verloren haben, nicht stark genug, um unsere Aufmerksamkeit und unser Gedächtnis, die von fesselnderen Gegenständen in Anspruch genommen werden, auf sich zu ziehen. ...Diese unmerklichen Perzeptionen sind es auch, die dasjenige bezeichnen und ausmachen, was wir ein und dasselbe Individuum nennen: denn kraft ihrer erhalten sich im Individuum Spuren seiner früheren Zustände, durch die die Verknüpfung mit seinem gegenwärtigen Zustand hergestellt wird... Durch die unmerklichen Perzeptionen erläutere ich auch
jene wunderbare vorherbestimmte Harmonie der Seele und des Körpers... Die unmerklichen Perzeptionen sind mit einem Worte in der Geisteslehre von ebenso großer Bedeutung, wie es die unmerklichen Körper in der Physik sind; und es ist gleich unvernünftig, die einen wie die andern unter dem Vorwande, daß sie außerhalb des Bereichs unserer Sinne fallen, zu verwerfen."
An einer anderen Stelle des Dialogs antwortet Theophil (Leibniz) auf eine Frage des Gesprächpartners Philalet (der die Denkweise von John Locke darstellt):
"Philalet: Der Satz: Die Seele denkt immer, ist doch nicht durch sich selbst evident.
Theophil: Das sage ich auch nicht. Es bedarf, um ihn zu finden, einiger Aufmerksamkeit und einigen Nachdenkens. Der gemeine Mann ist sich seiner ebensowenig bewußt, als des Druckes der Luft oder der Kugelgestalt der Erde..."
Leibniz’ Vergleich ist um so besser angebracht, als beide Phänomene – der Luftdruck und die Kugelform der Erde – unsere ganzen Lebensumstände mitbestimmen, ohne daß sie direkte Gegenstände unserer Wahrnehmung (und meistens auch nicht unseres Bewußtseins) sind.
An anderer Stelle spricht Leibniz, fast 200 Jahren vor Breuer und Freud, sehr genau über die wichtige Rolle des "unbewußten Gedächtnisses":
"Es ist gewiss, daß unendlich viele Gedanken in uns zurückkehren, von denen wir völlig vergessen haben, daß wir sie je gehabt haben. Es ist vorgekommen, daß jemand einen neuen Vers zu machen geglaubt hat, während sich später herausstellte, daß er ihn vor langer Zeit Wort für Wort in irgendeinem alten Dichter gelesen hatte. Wir begreifen oft manche Dinge ungewöhnlich leicht, weil wir sie früher, ohne daß wir uns dessen erinnern, bereits begriffen hatten. […] Ich glaube, daß auf diese Weise uns oft im Traume alte Gedanken wiederkehren."
Leibniz betont immer wieder seine Auffassung, wonach die Seele und der Körper aufs engste und in allen Einzelheiten miteinander verbunden seien: Nichts passiert in der Seele, ohne dass eine entsprechende materielle Veränderung stattfindet, kein materieller Prozeß ohne entsprechende Veränderungen in der Seele. Dabei fügt Leibniz noch etwas hinzu, was meines Erachtens sehr selten verstanden wird. Als Beispiel ein Zitat aus einem Brief an Königin Sophie Charlotte von Preußen aus dem Jahr 1702:
"... diese Seelen sollen durchaus nicht etwas außerhalb der Materie, sondern nur etwas mehr als sie sein."
2. Fechner
Einundhalb Jahrhunderte später, im Jahr 1860 schrieb Gustav Fechner sein Epoche machendes Buch "Elemente der Psychophysik". Fechner schätzte Leibniz sehr hoch, er bezieht sich in seiner gesamten Arbeit immer wieder auf ihn. Sein "monistischer" Standpunkt, der allerdings in einigen wichtigen Punkten von Leibniz abweicht, übte einen fruchtbaren Einfluss auf die ganze weitere Entwicklung der Physiologie, Psychologie und Hirnforschung aus. Hier einige sehr hilfreiche Ausführungen darüber, wie man sich das Verhältnis zwischen Geist und Gehirn, Seele und Körper vorstellen kann:
"Und was kann der Grund dieses eigentümlichen Verhältnisses sein, dass wir Körper und Geist jedes für sich, und doch nie beides, wie es unmittelbar zusammengehört, auch unmittelbar zusammen beobachten können; indes wir doch sonst das, was unmittelbar zusammenhängt, am leichtesten zusammen beobachten? [...]
Wohl läßt sich auf dies und das hinweisen, z.B. wenn jemand innerhalb eines Kreises (oder einer Halbkugel – JT) steht, so liegt dessen konvexe Seite für ihn ganz verborgen unter der konkaven Decke; wenn er außerhalb steht, umgekehrt die konkave Seite unter der konvexen Decke. Beide Seiten gehören ebenso untrennbar zusammen, als die geistige und leibliche Seite des Menschen, und diese lassen sich vergleichsweise auch als innere und äußere Seite fassen; es ist aber auch ebenso unmöglich, von einem Standpunkte in der Ebene des Kreises beide Seiten des Kreises zugleich zu erblicken, als von einem Standpunkte im Gebiete der menschlichen Existenz diese beiden Seiten des Menschen. Erst wie wir den Standpunkt wechseln, wechselt sich die Seite des Kreises, die wir erblicken und die sich hinter der erblickten versteckt...
Die ganze Welt besteht aus solchen Beispielen, die uns beweisen, daß das, was in der Sache Eins ist, von zweierlei Standpunkten als zweierlei erscheint, und man nicht vom einen Standpunkte dasselbe als vom anderen haben kann...
Was dir auf dem innerem Standpunkte als dein Geist erscheint, der du selbst dieser Geist bist, erscheint auf äußerem Standpunkte dagegen als dieses Geistes körperliche Unterlage. Es ist ein Unterschied, ob man mit dem Gehirne denkt, oder in das Gehirn des Denkenden hineinsieht. Da erscheint ganz Verschiedenes; aber der Standpunkt ist auch ganz verschieden, dort ein innerer, hier ein äußerer; unsagbar verschiedener sogar, als in vorigen Beispielen, und darum eben der Unterschied der Erscheinungsweisen unsagbar größer...
Die Naturwissenschaft stellt sich konsequent auf den äußeren Standpunkt der Betrachtung der Dinge, die Wissenschaft vom Geiste auf den inneren; die Ansichten des Lebens fußen auf dem Wechsel der Standpunkte, die Naturphilosophie auf der Identität dessen, was doppelt auf doppeltem Standpunkte erscheint; eine Lehre von den Beziehungen zwischen Geist und Körper wird die Beziehungen beider Erscheinungsweisen des Einen zu verfolgen haben.
Die Psychophysik ist eine Lehre, welche auf diesen Gesichtspunkten zu fußen hat... Unter Psychophysik soll hier eine exakte Lehre von den funktionellen oder Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen körperlicher und geistiger, physischer und psychischer Welt verstanden werden...
Insoweit ein funktionelles Verhältnis zwischen Körper und Seele besteht, würde an sich nichts hindern, dasselbe eben so in der einen als in der anderen Richtung ins Auge zu fassen und zu verfolgen, was man sich passend durch das mathematische Funktionsverhältnis erläutern kann, das zwischen den Veränderlichen x und y einer Gleichung besteht, wo jede Veränderliche beliebig als Funktion der anderen angesehen werden kann, und dieselbe in ihren Veränderungen von sich abhängig hat..."
3. Hering
Fechners Schüler Ewald Hering führt den Begriff eines umkehrbaren funktionellen Verhältnisses zwischen Geistes- und Nerventätigkeit in seinem berühmten Vortrag "Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organisierten Materie" (1870) weiter aus:
"Solange der Physiolog nur Physiker ist - und ich gebrauche hier das Wort Physik in seiner umfassendsten Bedeutung - steht er der organischen Welt gegenüber auf dem Standpunkte einer bis aufs äußerste getriebenen, aber durchaus berechtigten Einseitigkeit... Aus diesem Standpunkte ist dem Physiologen auch das Tier, der Mensch nichts weiter als ein Stück Materie. Daß das Tier Lust und Schmerz empfindet, daß an die materiellen Geschicke der menschlichen Gestalt sich die Freuden und Leiden eines Gemütes und das rege Vorstellungsleben eines Bewußtseins knüpfen; das kann den tierischen und menschlichen Leib für den Physiker nicht zu etwas anderm machen, als was er ist: ein Stoffkomplex, unterworfen den durch nichts zu beugenden Gesetzen, welchen auch die Masse des Steines, die Substanz der Pflanze folgt, ein Stoffkomplex, dessen äußere und innere Bewegungen ursächlich unter sich und mit den Bewegungen ihrer Umgebun
so fest zusammenhängen, wie der Gang der Maschine mit dem Umlauf ihrer Räder.
Und weder Empfindung, noch Vorstellung, noch bewußter Wille können ein Glied in dieser Kette stofflicher Vorgänge bilden, welche das physische Leben eines Organismus ausmachen. Wenn eine Frage an mich gerichtet wird, und ich gebe hierauf die Antwort, so muß der materielle Prozeß, welchen die Nervenfaser aus dem Gehörorgan zum Gehirn leitet, als materieller Prozeß mein Gehirn durchwandern, um zu den Bewegungsnerven der Sprachwerkzeuge zu gelangen; er kann nicht, an einer bestimmten Stelle des Gehirns angelangt, plötzlich in ein immaterielles Etwas eintreten, um nach einiger Zeit oder an einem andern Orte des Hirns als materieller Vorgang wieder anzuheben. Ebensogut könnte die Karawane in die Oase einziehen, die ihr die Fatamorgana vorspiegelt, um nach geschehener Rast und Erfrischung wieder in die reale Wüste hinaus zu wandern..."
Hierin weist Hering die dualistische Auffassung von Descartes zurück, nach welcher der Geist einerseits immateriell ("außerweltlich") gedacht wird, andererseits in der Lage sei, in die materiellen Abläufe einzugreifen und ihre Richtung zu verändern. Er fährt fort:
"So der Physiolog als Physiker. Doch er steht hinter der Bühne, und während er das Getriebe der Maschinerie mühsam erforscht und das geschäftige Treiben der Schauspieler hinter den Kulissen beobachtet, entgeht ihm der Sinn des Ganzen, den der Zuschauer von vorn mit leichter Mühe erfaßt. Sollte der Physiolog nicht vielleicht einmal seinen Standpunkt wechseln?
Freilich er kam nicht her, um eine gedachte Welt dargestellt zu sehen, sondern er sucht die wirkliche. Aber könnte es ihn nicht doch in der Erkenntnis des ganzen dramatischen Apparates und seiner Bewegungen fördern, wenn er ihn auch von der andern Seite betrachten oder sich wenigstens erzählen lassen wollte, was andere nüchterne Beobachter von da aus gesehen?
Die Antwort kann nicht zweifelhaft sein, und darum ist die Psychologie eine unentbehrliche Hilfswissenschaft der Physiologie. Wenn die letztere bis jetzt von dieser Hilfe so wenig Gebrauch machen konnte, so war es nur zum kleinsten Teil ihre Schuld; denn die Psychologie hat spät begonnen, ihr fruchtbares Feld mit dem Pfluge der induktiven Methode zu bearbeiten, und nur dem so bestellten Boden können die Früchte entsprießen, deren der Physiolog bedarf.
Wenn nun so der Nervenphysiolog zwischen den Physiker und den Psychologen gestellt ist, und wenn ersterer mit Recht die ununterbrochene kausale Kontinuität aller materiellen Prozesse als Grundlage seiner Forschung hinstellt, andererseits der besonnene Psycholog nach induktiver Methode die Gesetze des bewußten Lebens sucht und dabei ebenfalls die Annahme einer unerschütterlichen Gesetzlichkeit zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen macht, und wenn endlich den Physiologen die schlichteste Selbstbeobachtung lehrt, daß sein bewußtes Leben abhängig ist von den Geschicken seines Leibes, und daß umgekehrt sein Leib innerhalb gewisser Grenzen seinem Willen unterworfen ist: so bleibt ihm nur noch übrig, anzunehmen, daß diese gegenseitige Abhängigkeit zwischen Geistigem und Materiellem gleichfalls eine gesetzmäßige sei, und
das Band ist gefunden, welches für ihn die Wissenschaft von der Materie mit der Wissenschaft vom Bewußtsein zu einem großen Ganzen verbindet.
So betrachtet, erscheinen die Phänomene des Bewußtseins als Funktionen der materiellen Veränderungen der organisierten Substanz, und - um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen, sei es ausdrücklich betont, obwohl es im Begriffe der Funktion von selbst liegt - so betrachtet, erscheinen umgekehrt die materiellen Prozesse der Hirnsubstanz als Funktionen der Phänomene des Bewußtseins. Denn wenn zwei Veränderliche in ihren Veränderungen nach bestimmten Gesetzen voneinander abhängig sind, so daß mit der Veränderung der einen zugleich eine Veränderung der andern gesetzt ist, und umgekehrt; so nennt man die eine bekanntlich eine Funktion der andern.
Damit kann also nichts weniger gesagt sein, als daß die beiden genannten Veränderlichen, Materie und Bewußtsein, im Verhältnis von Ursache und Wirkung, Grund und Folge zueinander stehen; denn darüber wissen wir nichts. Und wenn der Materialist das Bewußtsein als Ergebnis der Materie, der Idealist umgekehrt die Materie als Ergebnis des Bewußtseins hinstellt, ein Dritter endlich die Identität von Geist und Materie behauptet; so hat sich der Physiolog als solcher nicht weiter hiermit zu befassen."
4. Breuer
Wir haben einige Denker, denen Breuer seine wissenschaftliche "tychae" zu verdanken hat, kurz aufgesucht. Lesen wir nun Breuer selbst, wie er seinen zweiten Beitrag zu den "Studien über Hysterie" unter dem Titel "Theoretisches" einleitet:
"In diesen Erörterungen wird wenig vom Gehirne und gar nicht von den Molekülen die Rede sein. Psychische Vorgänge sollen in der Sprache der Psychologie behandelt werden, ja, es kann eigentlich gar nicht anders geschehen. Wenn wir statt ,Vorstellung' ,Rindenerregung' sagen wollten, so würde der letztere Ausdruck nur dadurch einen Sinn für uns haben, daß wir in der Verkleidung den guten Bekannten erkennen und die ,Vorstellung' stillschweigend wieder restituieren. Denn während Vorstellungen fortwährend Gegenstände unserer Erfahrung und uns in all ihren Nuancen wohlbekannt sind, ist ,Rindenerregung' für uns mehr ein Postulat, ein Gegenstand künftiger, erhoffter Erkenntnis. Jener Ersatz der Termini scheint eine zwecklose Maskerade."
Breuers Polemik könnte u. a. eine Mahnung an Sigmund Freud gewesen sein. Freud hegte nämlich schon während ihrer Zusammenarbeit ehrgeizige Pläne für eine allumfassende theoretische Psychologie, bei der alles auf wenige Grundaxiome über die Funktionsweise der Neuronen zurückgeführt werden sollte. Wie schon erwähnt, wurde Freuds "Entwurf einer Psychologie" im gleichen Jahr geschrieben, in dem Breuers "Studien" veröffentlicht wurden. Sicher ist, daß Breuer mit diesem Entwurf alles andere als einverstanden war. Überhaupt stand Breuer jeder Theorie äußerst skeptisch gegenüber, die bestehendes Wissen durch spekulative Extrapolationen weit über deren vernünftige Grenzen ausdehnte und den Anspruch erhob, "alles zu erklären". Hier zum Beispiel aus dem schon erwähnten Brief an Franz Brentano:
"Ich gestehe weiter, daß mir die allgemeinen, weitgehendsten Generalisationen der Naturwissenschaft nicht viel näher liegen, z.B. eben der Wärme- und Kältetod, der aus dem zweiten Hauptsatz der Wärmetheorie abgeleitet wird. (Es geht hier etwa um die Behauptung, das Universum sei durch eine ständige Zunahme der Entropie infolge der Gesetze der Thermodynamik zum Tode verurteilt - JT). Ich bemerkte schon einmal, daß ich solche Sätze nur with the benefit of the doubt empfange. Damit meine ich nicht, daß ich postuliere: es gibt keinen Kältetod; sondern einfach, daß ein derartiger, auf alles Seiende und Bewegliche ausgedehnter allgemeiner Satz doch eigentlich nur unter der stillschweigenen Voraussetzung möglich ist, daß unsere Kenntnisse der Energie-Umsetzungen nicht bloß richtig, sondern auch vollständig sei. Sie ist aber von vorgestern."
Dieser und andere Aspekte seiner "tychae" führten Breuer zu Ansichten über einige Grundfragen der Biologie, die für seine Entdeckungen und seine Sicht auf das Verhältnis zwischen Nerven- und Geistestätigkeiten ausschlaggebend waren:
Erstens teilte er mit Ewald Hering die Überzeugung, daß die Naturwissenschaft beim Studium lebender Organismen die Begriffe der Zweckmäßigkeit, des Sinnes nicht entbehren könne. Breuer drückte seine äußerst differenzierte Sichtweise hierüber in einem aufsehenerregenden Vortrag "Die Krisis des Darwinismus und die Teleologie" aus, in dem er u. a. feststellte:
"In der Zeit, welche dem Entstehen und dem Siege der Selectionstheorie vorherging, bestand unter den Naturforschern weit verbreitet eine tiefe leidenschaftliche Abneigung gegen die Teleologie und... gegen alle Zweckmässigkeitsbetrachtungen. Weise und törichte Bemerkungen, gute und schlechte Witze wurden gegen die Teleologie geschleudert, vor Allem aber wurde jeder ,Zweck' boycottiert. Ein Organ hatte keinen Zweck mehr, sondern eine Leistung u. dgl. m. Aus dieser Stimmung ergab sich eine Situation von tragikomischer Peinlichkeit. Die Wissenschaft, hier also vor Allem die Physiologie, wurde bei ihrer Arbeit nie den Gedanken der Zweckmässigkeit los, den sie öffentlich verleugnete; denn sie ist im Innersten teleologisch..., kann vom Nutzen der Leistung, dem Zweck der Organe, so wenig absehen als die Technologie vom Zwecke der Maschine. Daß jedes Organ zweckmässig und nützlich sei, ist heuristisch die Grundvoraussetzung aller physiologischen Forschung. So entwickelte sich zwischen Forschung und Teleologie etwa das Verhältnis des Heine'schen Verses: ,Sie trinken heimlich den Wein und predigen öffentlich Wasser.’ "
Zweitens war Breuer erklärter Vitalist, und zwar in dem Sinne, daß er nicht bereit war, nachgewiesenen Eigenschaften und Charakteristika lebende Prozesse abzusprechen oder zu ignorieren, nur weil sie nicht in die gängigen physikalisch-mechanistischen Vorstellungen hineinpaßten. So schrieb er an seinen Freund, den berühmten Altphilologen und Philosophen Theodor Gomperz am 25 Juli 1895:
"Ich meine, die physikalische Schule hat das Wesen des Lebens nicht mehr erforscht, als Columbus die Ufer Japans; aber wie er, hat sie in dem Streben danach folgenreichstes, wichtigstes erreicht und erobert. Diese Enttäuschung der Hoffnungen bezüglich des Kernproblems ist also kein Unglück, sondern reichlich vergolten, aber sie muss anerkannt werden. Wenn Schwann glaubte, die Zelle so einfach definieren zu können als ein Bläschen mit Membran, Kern und eiweisshaltigem flüssigem Inhalt, und wir uns heute überzeugen, dass die ,Elementarorganismen' sich eigentlich gerade so autonom benehmen, wie ganze complicierte Tiere, dass jede Zelle einen so complicierten Bau besitzen muss, dass die weitere Complication der Organisation vielzelliger Thiere kaum viel ausmacht, dann finden wir uns eben stark desillusioniert. - Wenn wir uns überzeugen, dass die physikalisch-chemische Analyse überall nur die Vorwerke des Organischen genommen, die Festung selbst aber nicht berührt hat, dann zweifeln wir an dem Rechte der Behauptung, dies sei nur eine Frage der Zeit und das Kernproblem auch mit den Mitteln von Physik und Chemie zu bewältigen."
Schließlich war Breuer ein überzeugter Monist. So schrieb er in dem erwähnten Brief an Brentano:
"Jede dualistische Lösung des anthropologischen Problems wird mir unzugänglich, weil ich täglich und stündlich erlebe, wie vollkommen alles Psychische Funktion der Zustände der Hirnrinde ist. Ich bin ganz bereit, Gründen zu folgen, welche die Psyche für das Reale halten lassen und die Hirnrinde für Erscheinung; aber dass es zwei sind, ist mir anzunehmen unmöglich."
Breuers "Theoretisches":
Über den Zusammenhang physiologischer und psychologischer Prozesse
Nun kommen wir endlich auf Breuers eigene Reflexionen über das Phänomen der Hysterie und dessen Verbindung mit der Physiologie des Nervensystems. Mehr noch als die berühmte Krankengeschichte von "Anna O" muß Breuers Aufsatz "Theoretisches" in den "Studien über Hysterie" als ein kleines Meisterwerk der Exposition neu gewonnener Erkenntnisse betrachtet werden. Beim Lesen seiner Ausführungen darf man natürlich nicht vergessen, daß sie vor über 100 Jahren geschrieben wurden, am Anfang einer gewaltigen Entwicklung der Neurologie, wie auch der klinischen Psychologie. Was uns vor allem interessieren soll, ist die Art und Weise, wie Breuer sich gewissermaßen in beiden Welten gleichzeitig bewegte - wie er von seinem monistischen Standpunkt aus zu Einsichten gelangte, die heute noch hoch aktuell sind.
Zuerst redet Breuer von verschiedenen Formen der "Erregung" des Nervensystems, die für das Verständnis gesunder, wie auch pathologischer Prozesse wichtig sind:
"Unsere Sprache, das Resultat der Erfahrung vieler Generationen, unterscheidet mit wundernswerter Feinheit jene Formen und Grade der Erregungssteigerung, welche der geistigen Tätigkeit noch nützlich sind, weil sie die freie Energie aller Hirnfunktionen gleichmäßig erhöhen, von jenen, welche dieselben beeinträchtigen, weil sie in ungleichmäßiger Weise die psychischen Funktionen teils erhöhen, teils hemmen.
Sie nennt die ersteren Anregung, die letztere Aufregung. Ein interessantes Gespräch, Tee, Kaffee regen an; ein Streit, eine größere Dosis Alkohol regen auf. Während die Anregung nur den Trieb nach funktioneller Verwertung der gesteigerten Erregung wachruft, sucht sich die Aufregung in mehr oder weniger heftigen, ans Pathologische streifende oder wirklich pathologischen Vorgängen zu entladen. Sie macht die psychisch-physische Grundlage der Affekte aus, und von diesen soll im folgenden die Rede sein...
Es bedarf gewiß keiner weiteren Begründung, daß alle jene Störungen des psychischen Gleichgewichtes, welche wir akute Affekte nennen, mit einer Erregungssteigerung einhergehen... Aber diese gesteigerte Erregung kann nicht in psychischer Tätigkeit verwendet werden. Alle starken Affekte beeinträchtigen die Assoziation, den Vorstellungsablauf. Man wird 'sinnlos' vor Zorn oder Schreck. Nur jene Vorstellungsgruppe, welche den Affekt erregt hat, persistiert im Bewußtsein mit höchster Intensität. So ist die Ausgleichung der Aufregung durch assoziative Tätigkeit unmöglich.
Aber die 'aktiven', 'sthenischen' Affekte gleichen die Erregungssteigerung durch motorische Abfuhr aus. Das Jauchzen und Springen der Freude, der gesteigerte Muskeltonus des Zornes, die Zornrede und die vergeltende Tat lassen die Erregung in Bewegungsakten abströmen, der psychische Schmerz entladet dieselbe in respiratorischen Anstrengungen und in einem sekretorischen Akte, Schluchzen und Weinen. Daß diese Reaktionen die Aufregung mildern und beruhigen, ist Sache der täglichen Erfahrung. Wie schon bemerkt, drückt die Sprache dies in den Terminis 'sich ausweinen, austoben' usw. aus; was dabei ausgegeben wird, ist die gesteigerte zerebrale Erregung...
Der Zorn hat adäquate, der Veranlassung entsprechende Reaktionen. Sind diese unmöglich oder werden sie gehemmt, so treten Surrogate an ihre Stelle. Schon die Zornrede ist ein solches. Aber auch andere, ganz zwecklose Akte ersetzen diese. Wenn Bismarck vor dem Könige die zornige Aufregung unterdrücken muß, erleichtert er sich dann, indem er eine kostbare Vase zu Boden schmettert. Diese willkürliche Substitution eines motorischen Aktes durch einen andern entspricht ganz dem Ersatze der natürlichen Schmerzreflexe durch andere Muskelkontraktionen. ...
Wenn dem Affekte eine solche Abfuhr der Erregung aber überhaupt versagt wird, dann ist die Sachlage die gleiche beim Zorne wie bei Schreck und Angst: die interzerebrale Erregung ist gewaltig gesteigert, aber sie wird weder in assoziativer noch in motorischer Tätigkeit verbraucht. Beim normalen Menschen gleicht sich die Störung allmählich aus; bei manchen treten aber abnormale Reaktionen auf...."
Zu dieser abnormalen Reaktion, wie Breuer weiter erklärt, gehört die Bildung hysterischer Symptome. Um aber die Verbindung herzustellen, muß Breuer sich auf den Bereich des "Unbewußten" begeben, was damals - wie teilweise auch heute! - mit Unsicherheit und begrifflicher Verwirrung verbunden war. Folgende Ausführungen sind u. a. vom pädagogischen Standpunkt aus heute noch sehr wertvoll:
"Wenn die Erinnerung an das psychische Trauma, nach Art des Fremdkörpers, lange Zeit nach seinem Eindringen noch als gegenwärtig wirkendes Agens gelten muß, und doch der Kranke von diesen Erinnerungen und ihren Auftreten kein Bewußtsein hat, so müssen wir zugestehen, daß unbewusste Vorstellungen existieren und wirken... Es sei gestattet, auf dieses schwierige und dunkle Gebiet etwas einzugehen...
Jene Vorstellungen, die wir als in uns lebendig beobachten oder beobachten würden, wenn wir darauf acht hätten, nennen wir bewusste. Das sind in jedem Zeitmomente nur sehr wenige; und wenn außer diesen noch andere aktuell sein sollten, müßten wir sie unbewusste Vorstellungen nennen. Für die Existenz aktueller, aber unbewusster oder unterbewusster Vorstellungen zu sprechen, scheint kaum mehr nötig. Es sind Tatsachen des alltäglichen Lebens. Wenn ich einen ärztlichen Besuch zu machen vergessen habe, fühle ich lebhafte Unruhe. Ich weiß aus Erfahrung, was diese Empfindung bedeutet: ein Vergessen. Vergebens prüfe ich meine Erinnerungen, ich finde die Ursache nicht, bis sie mir oft nach Stunden plötzlich ins Bewusstsein tritt. Aber die ganze Zeit über bin ich unruhig. Also ist die Vorstellung dieses Besuches immer wirksam, also auch immer vorhanden, aber nicht im Bewusstsein. - Ein beschäftigter Mann hat morgens einen Verdruss gehabt. Sein Amt nimmt ihn ganz in Anspruch; während der Tätigkeit ist sein bewusstes Denken völlig beschäftigt, und er denkt nicht an seinen Ärger. Aber seine Entscheidungen werden davon beeinflusst, und er sagt wohl nein, wo er sonst ja sagen würde. Ein großer Teil dessen, was wir Stimmung nennen, stammt aus solcher Quelle, aus Vorstellungen, die unter der Schwelle des Bewusstseins existieren und wirken. - Ja, unsere ganze Lebensführung wird fortwährend von unterbewussten Vorstellungen beeinflusst… - Alle intuitive Tätigkeit ist geleitet durch Vorstellungen, die großenteils unterbewusst sind.... Was gegen die Existenz und Wirksamkeit »unbewusster Vorstellungen« eingewendet wird, erscheint großenteils als Wortschikane...
Es scheint also kein prinzipielles Hindernis dafür vorhanden, daß man unbewusste Vorstellungen auch als Ursachen pathologischer Phänomene anerkenne."
Von diesem Standpunkt aus geht Breuer auf die Prozesse bei der Bildung hysterischer Symptome durch "Konversion" starker Erregungen ein.
"Die motorische Akte in welchen sich normalerweise die Erregung der Affekte entladen, sind geordnete, korrdinierte, wenn auch zwecklose. Aber die übergrosse Erregung kann die Korrdinationszentren umgehen oder durchbrechen und in elementaren Bewegungen abströmen... Solche abnorme Affektreaktionen gehören zwar zur Hysterie; aber sie kommen auch außerhalb dieser Krankheit vor... Als hysterisch darf man solche Phänomene erst dann bezeichnen, wenn sie nicht als Folgen eines hochgradigen, aber objektiv begründeten Affektes, sondern scheinbar spontan als Krankheitserscheinung auftreten. Für diese haben viele Beobachtungen und so auch die unsrigen nachgewiesen, daß sie auf Erinnerungen beruhen, welche den unsprüngliche Affekt erneuern...
Wir haben... darauf hingewiesen, in wie verschiedenem Grade z.B. der Affekt des Zornes über eine Beleidigung durch die Erinnerung wachgerufen wird, wenn diese Beleidigung vergolten oder wenn sie stumm geduldet worden ist. War der psychiche Reflex bei der ursprünglichen Veranlassung wirklich erfolgt, so löst die Erinnerung ein viel geringeres Erregungsquantum aus. Wenn nicht, so drängt die Erinnerung immer wieder die scheltenden Worte auf die Lippen, welche damals unterdrückt wurden, und welche der psychiche Reflex jenes Reizes gewesen wären.
Hat sich der ursprüngliche Affekte nicht in dem normalen, sondern in einerm ,abnormen Reflexe’ entladen, so wird auch dieser durch die Erinnerung wieder ausgelöst; die von der affektiven Vorstellung ausgehende Erregung wird in ein körperliches Phänomen ,konvertiert’ (Freud) "
Diese kurzen Auszüge mögen ausreichen, um aufzuzeigen, wie zum ersten Mal das Rätsel der hysterischen Symptome einigermaßen gelüftet wurde. Die weitere Entwicklung der "Konversionstheorie", wozu Freud wesentlich beigetragen hat, würde uns für die gegenwärtigen Zwecke zu weit in die Psychologie führen. Wir wollen nun sozusagen "auftauchen" und als Abschluss einige Betrachtungen darüber anstellen, was die heutige Hirnforschung von Breuers Beispiel und dem seiner geistigen Vorgänger lernen kann.
Schlußbetrachtungen über die Hirnforschung
Wenn wir uns hier so viel mit Psychologie und ihrer Geschichte beschäftigt haben und wenig mit Neuronen und elektrischen Impulsen, so hängt dies mit Ewald Herings Botschaft zusammen: Psychologie ist eine unentbehrliche Hilfswissenschaft der Physiologie. Warum? Weil sie (um mit Fechner zu reden) die Tätigkeiten des Gehirns von der inneren, "konkaven" Seite erfasst, die dann als "Geistestätigkeiten" erscheinen. Dazu gehört nicht nur die Einsicht eines Menschen in seine eigenen Geistestätigkeiten, sondern auch das Vermögen, in die Geistestätigkeit eines anderen Menschen gewissermaßen "hineinzusehen".
Dieses Einfühlungsvermögen, welches Breuer in hohem Maße besaß, bildet nicht nur die unentbehrliche Grundlage jeder erfolgreichen Therapie psychisch kranker Menschen, es liefert vielmehr die Basis der menschlichen Kommunikation überhaupt, insoweit diese der Übertragung von Ideen und Vorstellungen gilt, und nicht nur einem reinen Austausch von "Signalen" im Sinne der elektronischen Datenverarbeitung.
Ideen und Vorstellungen gehören (um nochmals mit Fechner zu reden) der "konkaven" Seite des Geistes an, sie können nur "von innen" erlebt werden, indem ein bestimmter Geistesprozess, der in einem Menschen stattfindet, von einem anderen Menschen reproduziert wird. Erst durch jenen Reproduktionsprozess bekommt die Kommunikation einen Sinn, einen Inhalt.
Genau diese Kommunikation von Ideen durch die Reproduktion der entsprechenden geistigen Erzeugungsprozesse steht im Mittelpunkt der klassischen Kultur und Bildung. Die Fähigkeit dazu wird vor allem durch die Beschäftigung mit Musik und Poesie im klassischen Sinne geübt und entwickelt, auch durch eine direkte Beschäftigung mit den Schriften großer Denker, die ihre Ideen über den Abstand von Jahrhunderten inhaltstreu vermitteln können. Dagegen kann "Information" in der strengen fachlichen Bedeutung an und für sich keinen Sinn enthalten; einen Sinn bekommt sie nur durch geistige Prozesse! Diese äußerst wichtige Unterscheidung wird heute oft übersehen, weil man "Information" heute nachlässig als Bezeichnung für alles mögliche verwendet.
Die vorhergehende Feststellungen haben weitreichendste Implikationen für die Hirnforschung heute.
Manche Hirnforscher verkrüppeln sich selbst durch ihre einseitige Fixierung auf Analogien aus dem Bereich der elektronischen Datenverarbeitung. Die Hirnforschung ist selbst eine geistige Tätigkeit, sie arbeitet mit Ideen, Vorstellungen, Konzepten. Wie soll der Hirnforscher die Funktion eines Organs erfassen, mit dessen Hilfe ein unendlicher Reichtum von Ideen erzeugt und begriffen werden kann, wenn seine eigene Gedankenwelt auf ein kümmerlich kleines Repertoire mechanistischer Vorstellungen eingeengt wird? Trotz großer technischer Fortschritte in der Hirnforschung ist der Zwiespalt zwischen Geistesprozessen einerseits und Gehirnprozessen andererseits nicht kleiner, sondern im Vergleich mit Fechner, Hering oder Breuer ungleich größer geworden!
Gegen unserer Kritik könnte man einwenden: "Genau wie aus den zwei Ziffern 0 und 1 ein unendlicher Reichtum von binären Zahlen hervorgehen kann, so müsste es möglich sein, die Funktionsweise des Gehirns auf eine kleine Auswahl von ,neuronalen Grundmechanismen’ zurückzuführen. Die Einengung auf wenige Grundbegriffe ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass man überhaupt wissenschaftlich vorgehen kann."
Dieses Argument übersieht aber den grundlegenden Unterschied zwischen Information und Ideen. Habe ich eine Ziffer 10011101011 gebildet, wird damit allein kein Sinn erzeugt. Auch ist es ein fundamentaler Irrtum zu glauben, eine Ziffer oder eine Folge elektrischer Impulse könne eine Idee oder Vorstellung kodieren. Ein Code ist eine mathematische Transformation zwischen Symbolsträngen; wenn wir einen kodierten Symbolstrang entziffern, bekommen wird lediglich einen anderen Symbolstrang, aber keine Idee, keinen Sinn.
Nun scheint sich das Paradox gerade ins Unendliche zu steigern. Wenn neuronale Prozessen nur "Bytes" verarbeiten und an und für sich keinen Sinn haben, wie können Hirntätigkeiten und Geistestätigkeiten überhaupt miteinander in Beziehung gebracht werden?
Die am Anfang erwähnten elf Hirnforscher haben in ihrem Manifest einen möglichen Ausweg angedeutet, allerdings in etwas verkrampfter Form. Sie verweisen nämlich auf die "wirklichen physiologischen Vorgänge" in und zwischen den Neuronen im Gehirn, die durch die heutigen Konzepte der Informatik und der künstlichen Intelligenz nicht erfasst würden. Sie schlagen vor, dass "sich neben der experimentellen Neurobiologie die theoretische Neurobiologie als Forschungsdisziplin durchsetzen wird, die dann ähnlich wie die theoretische Physik innerhalb der Physik eine große Eigenständigkeit besitzt."
So weit, so gut. Aber welche Ideen und Konzepte werden sich einer "theoretischen Neurobiologie" bedienen? Unter anderem wird sie meines Erachtens die ganze Tragweite der Tatsache erkennen müssen, daß jedes einzelne der schätzungsweise 30-100 Millarden Neuronen unseres Gehirns ein Lebewesen darstellt, das eben als Lebewesen - nicht bloß als "Schaltelement" - mit dem gesamten neuronalen Umfeld in Wechselwirkung steht. Dies schließt ein, daß man nach Breuer allen lebenden Prozessen ihrem Wesen nach einen "teleoiden" Charakter einräumt: Ihr Verhalten läßt sich prinzipiell als sinnvoll, als zweckmäßig begreifen. Solche Ausdrücke bringen mit sich, daß zum Verständnis der Gehirntätigkeiten auf allen Ebenen höhere Ideen und Prinzipien herangezogen werden müssen, als bloß eine Kombinatorik von Schaltkreisen und chemischen Botstoffen. Das, was Hering den Sinn des Ganzen nannte, darf nicht fehlen.
Genau so haben fast alle großen Biologen der vergangenen Zeiten gedacht, bis die Molekularbiologie mit ihrer übertrieben mechanistischen Herangehensweise die "klassische" Biologie verdrängte. Die Arbeit jener Biologen führte dazu, daß es in der Biologie eine Fülle von wichtigen Ideen und Vorstellungen gibt, die völlig unabhängig von molekularbiologischen Interpretationen ihre volle experimentelle und theoretische Berechtigung haben. In der letzten Zeit merkt man von verschiedenen Seiten Bestrebungen, die Einseitigkeit der molekularbiologischen Herangehensweise zu beheben, und gleichzeitig die enormen technologischen Möglichkeiten und das Detailwissen, das durch die Molekularbiologie erreicht wurde, beizubehalten.
Die Schwäche einer verengten molekularbiologischen Sicht der Dinge drückt sich unter anderem in dem Fehlen einer wirklich synthetischen Konzeption der Wechselwirkung (Kommunikation) lebender Prozesse aus. Der Begriff der Kommunikation zerfällt stattdessen in eine unübersichtliche Fülle einzelner "molekularer Mechanismen". Dieser konzeptionelle Mangel wirkt sehr nachteilig auf die Hirnforschung, bei der im gewissen Sinne "alles" Kommunikation ist.
Den Kernpunkt können wir etwa so formulieren: Zum Verständnis hirnbiologischer Prozesse muss erlaubt sein, höhere Prinzipien heranzuziehen, die sich auf einer Gesamtbetrachtung der geistigen Leistungen des Menschen stützen. In diesem Zusammenhang kann man das Phänomen der metaphorischen Kommunikation von Ideen, wie dies in hervorragender Weise in den oben zitierten Schriften von Leibniz, Fechner und Hering geschieht, nicht aus der Hirnforschung ausklammern. Der "anti-mechanistische Mechanismus" jener Ideenübertragung hängt mit dem Unbewussten einerseits, mit dem schöpferischen Element der Geistestätigkeiten andererseits aufs engste zusammen.
Auf der Ebene des gesamten Gehirns fällt das eben Gesagte mit Herings Anweisung, die Psychologie als Hilfswissenschaft der Hirnforschung einzusetzen, zusammen. Nichts hindert uns daran, nach höheren Ideen und Prinzipien zu suchen, die die Funktionen von Teilprozessen des Gehirns, wie z. B. der Neuronen und Gruppen von Neuronen, erfassen.
Eine nützliche Orientierung liefert uns die Herangehensweise von Hering und Breuer in der Neurologie. Dazu gehört die scheinbar naive, aber zugleich sehr packende Art und Weise, wie Breuer in seinem Beitrag zu den "Studien" die Begriffe "Erregung", "Anregung", "Aufregung" verwandte, um eine Brücke zwischen Nerventätigkeit und psychischen Vorgängen zu schlagen. Hier enthält das Wort "Erregung" viel mehr als das, was von der heutigen Theorie der Membranpotentiale erfasst wird.
Das Bestreben, die Funktionsweise und das "Innenleben" neuronaler Untersysteme des Gehirns mit Hilfe höherer Ideen und Prinzipien zu erfassen, würde den konzeptionellen Abstand zwischen Geistestätigkeiten und Gehirntätigkeiten verringern. Prozesse, die man mit einem sinnvollen Inhalt assoziieren kann, bestehen also nicht nur auf der Ebene des Gehirns als unteilbares, undifferenziertes Organ.
Dabei darf man nie vergessen, daß die Teilprozesse, die wir hier als "neuronale" bezeichnet haben, auf eine bestimmte Art und Weise durch ihre Beteiligung am Gesamtprozeß des Gehirns beeinflußt und modifiziert werden. Es ist ein großes Irrtum zu glauben, daß die höheren Geistesprozesse, die wir "von innen" studieren und erleben, auf die bloße kombinatorische Ebene der "Bearbeitung von Information" reduziert werden können. Noch mehr: Jene Geistesprozesse, auf denen die Fähigkeit zu fundamentalen wissenschaftlichen Entdeckungen basiert und die man als "kreativ" bezeichnen kann, lassen sich nicht auf allgemeine Prinzipien der Biologie als solcher beschränken.
Unserer Meinung nach ist es überhaupt ein Irrtum zu versuchen, die Existenz des Bewußtseins und der menschlichen Vernunft aus der Neurologie zu "erklären". Man sollte umgekehrt aus der erwiesenen Existenz jener höheren Phänomene notwendige Schlußfolgerungen für die Funktionsweisen des Gehirns und seiner neuronalen Komponenten ableiten. Hier liegt eine wesentliche Botschaft der monistischen Sichtweise.
Denn ganz allgemein gilt: Das Höhere läßt sich aus dem Niederen nur dem Anschein nach "erklären". Jedes Mal, wo das Höhere aus dem Niederen hervorzugehen scheint, ist dies ein Zeichen dafür, daß im Niederen ein Keim des Höheren steckte, den man übersehen hatte - ein "unendlich Kleines", das durch günstige Umstände erweckt und dem zur vollen Entfaltung verholfen wurde. Eben jenes "Kleine" will der Reduktionismus nicht wahrhaben, ja manchmal sogar eliminieren.
Wir möchten damit den Kreis unserer Überlegungen schließen. Letztendlich liegt der moralische Wert wissenschaftlicher Tätigkeiten darin, daß das Leben der Menschen verbessert, veredelt werden kann. Wenn wir hier die Leistungen Josef Breuers würdigen, so denken wir nicht nur an seine wissenschaftlichen Entdeckungen als solche, vielmehr daran, daß er viele Menschen geheilt und vielen geholfen hat. Darunter Bertha Pappenheim, die ihr weiteres Leben für die Würde der Menschen einsetzte. Im folgenden Gebet, das am 19. September 1934 geschrieben wurde, bringt sie etwas zum Ausdruck, was die Hirnforschung und die Wissenschaft schlechthin nie vergessen darf.
Dankgebet
Ein Kleines faßt meinen Finger
und rauft mich am Scheitelhaar und
lacht über den gelungenen Angriff,
daß seine zwei Zähnchen blinken.
Ich bin so froh, dem Menschen-
keimchen ein Schutzdach geschaffen
zu haben; vielleicht wäre es sonst
im Schmutz zertreten worden, und
wir wären um eine Hoffnung ärmer.
Wie gut, daß das Menschenkeimchen
und ich uns im Weltall getroffen haben.
Wir wollen's unserem Schöpfer
danken, das Glück der Liebe und
des Lebens.
Bibliographie
Manifest elf Hirnforscher (Christian Elger, Angela Friederici, Christof Koch, Heiko Luhmann, Christoph von Malsburg, Randolf Menzel, Hannah Monyer, Frank Rösler, Gerhard Roth, Henning Scheich, Wolf Singer), in Gehirn und Geist, 6/2004, im Internet aufrufbar: http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/852357&_z=798884
Brentzel, Marianne: Sigmund Freuds Anna O. – Das Leben der Bertha Pappenheim, Reclam Leipzig 2004
Breuer, Josef: Die Krisis des Darwinismus und die Teleologie. Vortrag, gehalten am 2. Mai 1902. Herausgegeben von Gerd Kimmerle, Archiv der Edition Diskord, 1986.
Breuer, Josef: Frl. Anna O... (Krankengeschichte), Theoretisches und (zusammen mit Sigmund Freud Über den psychischen Mechanismus hyterischer Phänomene – Vorläufige Mitteilung in "Studien über Hysterie",veröffentlicht 1895.
Ellenberger, Henri: Die Entdeckung des Unbewußten, Diogenes 2005
Freud, Sigmund: Entwurf einer Psychologie, unveröffentlichtes Manuskript aus dem Jahre 1895, im Internet erhältlich (http://www.lutecium.fr/Jacques_Lacan/transcriptions/freud_esquisse_de.pdf)
Hering, Ewald: Vier Reden, Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organisierten Materie (Wien 1870). Über die spezifischen Energieen des Nervensystems (Prag 1884). Zur Theorie der Vorgänge in der lebendigen Substanz (Prag 1888). Zur Theorie der Nerventätigkeit (Leipzig 1899), E.J. Bonset, Amsterdam 1969.
Hirschmüller, Albrecht: Physiologie und Psychoanalyse in Leben und Werk Josef Breuers, Verlag Hans Huber 1978
Leibniz, Gottfried Wilhelm: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, Felix Meiner Verlag
Pappenheim, Bertha: Gebete, Hentrich & Hentrich 2003
Adresse des Autors: tennenbaum@debitel.net
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von Dr. Jonathan Tennenbaum