Moses Mendelssohn - der Berliner "Sokrates"

Moses Mendelssohn 1771

Moses Mendelssohn - der Berliner "Sokrates"
von Frank Hahn

Am heutigen 30. Januar jährt sich zum 75. Mal der Tag der Machtergreifung durch Hitler und die Nationalsozialisten. Die nachfolgende Periode der Barbarei brachte der Welt nicht nur einen verheerenden Krieg, sondern den beispiellosen Völkermord an den Juden. Deutschland vernichtete dabei seine eigene Intelligenz, die fast ausschließlich aus jüdischen Wurzeln kam. Es ist daher nur angemessen, am heutigen Tag das Andenken an diese jüdisch-deutsche Intelligenz auf besondere Art zu begehen, indem wir uns dem Urahnen der Judenemanzipation in Deutschland widmen:
Moses Mendelssohn.

Wer sich mit Moses Mendelssohn eingehend beschäftigt, wird ihn sich als Freund erwählen. Sein Lebenslauf ist wohl einer der erstaunlichsten, rührendsten und bewegendsten des ganzen 18.Jahrhunderts. Und dieses Jahrhundert war reich an ungewöhnlichen und "verwegenen" Lebensläufen!

Angesichts der großen Hindernisse waren die Schritte Mendelssohns, die ihn zu dem berühmten Sokrates des 18.Jahrhunderts machten, tatsächlich nur verwegen zu nennen. Aber das Verwegene bringen wir häufig mit dem Verschlagenen, Tollkühnen, ja häufig Rücksichtslosen in Verbindung. Moses Mendelssohns Charakter war dazu das genaue Gegenteil. Er war sanftmütig, wenngleich scharfsinnig und -züngig, er war milde, weise und gütig, wenngleich kompromisslos, wenn es um das Wahre, Schöne und Gute ging. Seine "Verwegenheit", um einmal bei diesem Begriff zu bleiben, entsprang eher seiner Unschuld, seinem Glauben an das Gute in ihm selbst und Anderen, sein einziges Streben war auf Vervollkommnung gerichtet, und somit auf Erlangung von Bildung, Wissen - oder wie er es selbst sagte: "Der Mensch will das Beste, tut das Gute ..." etc.

Mendelssohns Leben


Dieses Streben war ihm von Kindheit an zur Natur geworden, und so war es nur natürlich, dass er sich mit 14 Jahren entschloss aus der Enge des elterlichen Hauses in Dessau (sein Vater war Tora-Schreiber, und Moses wuchs in einem jüdisch-orthodoxen Elternhause auf) in die "weite Welt" zu gehen. Die weite Welt war für ihn Berlin, denn dahin ging auch sein Lehrer, der Oberrabbiner Fränkel. Dieser war auch gewissermaßen Mendelssohns "Eintrittskarte", um nach Berlin hereingelassen zu werden. Am Rosentaler Tor wurde er von der Wache gefragt, was er denn in der Stadt wolle. Der junge Moses war schlagfertig und schon als 14-jähriger nicht um Antwort verlegen: er folge seinem Lehrer Fränkel. Dieser wusste natürlich nichts davon -aber für den Wachmann am Tor war dies einsichtig, jedoch nicht ausreichend. Also fragte er weiter, was denn Mendelssohn in Berlin tun wolle. Er käme nach Berlin, um zu lernen, so der junge Moses. Das war für den Wachmann nicht nur nicht einsichtig, sondern so verblüffend, dass es zur Sprachlosigkeit führte. Und Mendelssohn war in Berlin! Also doch verwegen?

Die nächsten sieben Jahre waren hart, er musste häufig hungern, hatte keine Rechte, nicht einmal das, ein deutsches Buch zu lesen! Dies tat er jedoch heimlich umso intensiver; zu seinem Glück bekam er eine Anstellung beim jüdischen Seidenfabrikanten Isaak Bernhard. Und noch glücklicher fügte es sich, dass Mendelssohn nach sieben Jahren mit der Erziehung des 13jährigen Sohnes Bernhards beauftragt wurde! Nun durfte er nicht nur lesen, er musste es tun. Und was er vorher unter erheblichen Mühen, Risiken und oft mit knurrendem Magen - quasi im Untergrund - auf sich genommen hatte, das war jetzt sein Leben: lernen um zu lehren. In kürzester Zeit eignete sich Mendelssohn die Philosophie, Grundlagen der Mathematik sowie Sprachkenntnisse in französisch, englisch, Latein (und deutsch!) an. Er las Shakespeare, Homer und viele andere große Dichter, um sich im klassischen Sinn zu bilden.

Wenn wir über Mendelssohns philosophische Studien reden, dann sind es vor allem zwei große Denker, die ihn faszinierten und fesselten: Platon und Leibniz.

Halten wir also fest: ein junger Jude, mittellos, rechtlos, vom Zugang zur Bildung ausgeschlossen, trotzt allen materiellen Nöten, und eignet sich selbst eine umfassende Bildung an, so dass er später als der Sokrates des 18.Jahrhunderts berühmt wird.

1754 lernt er Lessing kennen, beide werden die besten Freunde, die eng zusammenarbeiten - Lessing als Dichter, Mendelssohn als Philosoph, und manchmal vertauschen sie auch die Rollen. Im Alter von 26 Jahren veröffentlicht Mendelssohn 1755 seine ersten Werke: die Philosophischen Gespräche sowie die Briefe über die Empfindung. Lessing hatte "klammheimlich" die Schriften seines Freundes in den Druck gegeben, der als einfacher jüdischer Kontorist dazu kaum die Chance gehabt hätte.

Im gleichen Jahr erscheint eine anonyme Preisschrift der Akademie der Wissenschaften, die Verfasser heißen Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing. Unter dem Titel "Pope - ein Metaphysiker" leisten die beiden für ihr Alter Unerhörtes: sie verfassen eine Schrift zur Verteidigung des großen Universalgelehrten Leibniz gegen die französischen Aufklärer, die inzwischen an der Akademie der Wissenschaften den Ton angeben. Sie hassen Leibniz wegen seines philosophisch und theologisch begründeten Optimismus, denn sie selbst verkündeten Skeptizismus und Zynismus als philosophische Grundhaltung. Mendelssohn und Lessing waren so kühn, so "verwegen", sich dem akademisch-intellektuellen "Establishment" der Zeit entgegen zu stellen. Und sie waren noch kühner: Sie glaubten natürlich ganz fest, dass sie mit ihrer Schrift den ersten Preis erhalten würden. Deswegen blieben sie als Verfasser anonym, denn so kühn waren sie denn auch wieder nicht, dass sie sich als junge philosophische Heißsporne dem öffentlichen Druck aussetzen wollten.

Aber 1763 gewann Mendelssohn tatsächlich den ersten Preis der Akademie der Wissenschaften, und zwar mit seiner Schrift Über die Evidenz in den metaphysischen Wissenschaften. Der damals noch unbekannte Immanuel Kant erhielt nur den zweiten Preis.

In der Zwischenzeit hatten Mendelssohn, Lessing und beider Freund, der Verleger Nicolai, mehrere Zeitschriften auf den Weg gebracht: die Bibliothek der schönen Wissenschaften sowie die Briefe, die neueste Literatur betreffend. Mendelssohn lieferte dazu über die Jahre die meisten Beiträge - Dutzende von Rezensionen, ästhetischen und philosophischen Betrachtungen. Dafür musste er natürlich erst einmal die zu rezensierenden Bücher selbst lesen!

Das sei hier erwähnt, weil wir nicht vergessen dürfen, dass Mendelssohn nie von seiner schriftstellerischen oder wissenschaftlichen Arbeit leben konnte. Er war als Jude im Berlin des 18. Jahrhunderts nur geduldet, und ohne seine Stelle als Buchhalter in der Bernhardtschen Seidenfabrik hätte er sofort diese Duldung verloren! Er hatte lediglich die Morgenstunden von 5 bis 8 Uhr in der Früh, um lesen und schreiben zu können. Wie sehr quälte ihn häufig die stupide Arbeit des Buchhalters, wenn er doch noch an Platon, an Shakespeare, Klopstock oder neueste Gedichte von Gleim dachte. Und dennoch lernte er zusammen mit Nicolai in dieser Zeit auch noch Griechisch, um Platon im Original lesen zu können.

Eine Frucht dieser Studien war im Jahre 1766 sein Meisterwerk: der Phädon - Beweis von der Unsterblichkeit der Seele - in der Anlage nach Platon. Mendelssohn selbst sagte dazu, dass es ein Mittelding zwischen Übersetzung und eigener Ausarbeitung des Themas sei. Dieses unsterbliche Werk über die Unsterblichkeit war eine meisterhafte "Symbiose" von Platon und Leibniz, es wurde rasch in 50 Sprachen übersetzt, und Mendelssohn wurde als der Sokrates des 18. Jahrhunderts bekannt!

Aber weit gefehlt, dass sich nun etwa an seiner äußerlichen Lage etwas geändert hätte! Im Jahre 1771 haben Freunde, Wissenschaftler usw. in Berlin vorgeschlagen, ihn als Vollmitglied der Philosophischen Klasse in die Akademie der Wissenschaften aufzunehmen! Mendelssohn begann, sich nicht nur Hoffnung auf die lange versagte Anerkennung seiner literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten zu machen, sondern damit verbunden auf ein entsprechendes Salär, das ihm erlaubt hätte, sich ganz den schönen Wissenschaften und Künsten zu widmen.

Der Lavater-Streit, Gemälde von Moritz Oppenheim, 1856
Der Lavater-Streit, Gemälde von Moritz Oppenheim, 1856

Doch aus diesem Traum wurde nichts: Der "aufgeklärte" König Friedrich II. weigerte sich, dem Vorschlag zuzustimmen. Ja, über 12 Jahre ließ er die Stelle eines Philosophen an der Akademie unbesetzt. Über die Gründe für dieses Verhalten ist die Forschung uneins, die einen sehen darin das Vorurteil gegen Juden, die anderen vermuten, dass Friedrich II. die Philosophen-Stelle für seine Verwandte Katharina II. aus Russland "freihalten" wollte. Für den kränkelnden und körperlich schwachen Mendelssohn war dies jedenfalls eine weitere schwere Demütigung. Dazu kam der unerquickliche Streit mit dem christlichen Eiferer Lavater in der Schweiz, der Mendelssohn zwingen wollte, öffentlich zu bekennen, warum er nicht zum Christentum konvertieren wolle.

All diese Enttäuschungen und Verletzungen führten schließlich dazu, dass Mendelssohn im Alter von 42 Jahren eine schwere Nervenkrankheit bekam, wie man damals sagte. Rasende Schmerzen im Kopf und im Rücken, die sich nur bei absoluter Ruhe etwas abschwächten, hinderten ihn am Lesen und Schreiben, das ihm auch noch vom Arzt untersagt wurde. Sechs Jahre lang hörte man nichts von Mendelssohn.

Aber er erholte sich, wobei ihm sicher seine sokratische Gesinnung zur Hilfe kam. rappelte sich noch einmal auf - und dabei kam ihm seine sokratische Gesinnung zur Hilfe, wie sie sein späterer Nachfahre Sebastian Hensel beschreibt:

"Eine gewisse Verwandtschaft zwischen dem Sokrates, wie Mendelssohn ihn im Phädon darstellt, und ihm selbst ist unverkennbar; man lese z.B. folgende Stelle: "Er hatte von der einen Seite seine eigenen Vorurteile der Erziehung zu besiegen, die Unwissenheit anderer zu beleuchten, Sophisterei zu bestreiten, Bosheit, Neid, Verleumdung und Beschimpfung von seiten seiner Gegner auszuhalten, Armut zu ertragen, festgesetzte Macht zu bekämpfen und, was das Schwerste war, die finsteren Schrecknisse des Aberglaubens zu vereiteln. Von der anderen Seite waren die schwachen Gemüter seiner Mitbürger zu schonen, Ärgernisse zu vermeiden und der gute Einfluß, den selbst die albernste Religion auf die Sitten der Einfältigen hat, nicht zu verscherzen. Alle diese Schwierigkeiten überstand er mit der Weisheit eines wahren Philosophen, mit der Geduld eines Helden, auf Unkosten und mit Verlust aller weltlichen Güter und Vergnügungen...." Wahrlich, diese Schilderung passt besser auf Moses Mendelssohn als auf Sokrates." (1)

Ebenso half ihm eine liebe Frau, die genau so mildtätig, gutherzig und sanftmürtig war wie Moses selbst, Frommet Mendelssohn, geb. Guggenheim. Die Geschichte seiner Brautwerbung wird ebenfalls von Sebastian Hensel erzählt und bringt uns den Menschen Moses Mendelssohn auf ironisch-heitere Art näher. Im Jahre 1761 war Mendelssohn in Hamburg beim Kaufmann Gugenheim zu Gast und verliebte sich in dessen Tochter Frommet. Sie allerdings ist irritiert von Mendelssohns Buckel, dieser ahnt etwas und geht vor seiner Abreise noch mal auf ihr Zimmer:

"Er ging herauf in die Wohnung und setzte sich zu der Tochter, die nähte. Sie sprachen gut und schön miteinander, aber das Mädchen sah nicht von der Arbeit auf, vermied, Mendelssohn anzusehen. Endlich, da dieser das Gespräch geschickt so gewendet, fragte sie: "Glauben Sie auch, dass die Ehen im Himmel geschlossen werden?" Mendelssohn daraufhin: "Gewiß, und mir ist noch was Besonderes geschehen. Bei der Geburt eines Kindes wird im Himmel ausgerufen: der und der bekommt die und die. Wie ich nun geboren wurde, wird mir auch meine Frau ausgerufen, aber dabei heißt es: sie wird, leider Gottes, einen Buckel haben, einen schrecklichen. Lieber Gott, habe ich da gesagt, ein Mädchen, das verwachsen ist, wird gar leicht bitter und hart, ein Mädchen soll schön sein, lieber Gott, gib mir den Buckel, und laß das Mädchen schlank gewachsen und wohlgefällig sein."

Kaum hat Moses Mendelssohn das gesagt, als ihm das Mädchen um den Hals fiel - und sie ward seine Frau, und sie werden glücklich miteinander." (2)

Mendelssohn konnte wieder schreiben, und neben den vielen jüdischen Schriften und Bibelübersetzungen sind aus den letzten Jahren seines Lebens vor allem zwei Werke hervorzuheben: da ist zum einen sein philosophisches Testament, die Morgenstunden, entstanden aus den Vorlesungen zur Philosophie, die er seinem Sohn Joseph (dem späteren Gründer des Bankhauses Mendelssohn) sowie den jungen Gebrüdern Humboldt gegeben hat. Und dann ist sein großes Werk Jerusalem oder die Verteidigung des Judentums zu erwähnen, in dem Mendelssohn die Einheit von Vernunft und Glauben im Judentum nachweist und das politisch brisante Thema der Trennung von Kirche und Staat behandelt. Diese Schrift war die Antwort auf die anhaltende Diskriminierung der Juden. Im Jahre 1781 hatte Christian Dohm als preußischer Beamter einen Aufsatz mit dem Titel "Die bürgerliche Verbesserung der Juden" geschrieben, wofür Mendelssohn als Ideengeber wirkte. Die Phalanx der Gegner, Scharfmacher und Aufwiegler gegen diese Schrift war selbst im aufgeklärten Preußen groß. Dies war der Grund, warum Mendelssohn erneut zur Feder griff und mit dem Jerusalem eine quasi zeitlose wissenschaftliche Schrift verfasste, in der er religionsphilosophisch und politisch-philosophisch auf höchstem Niveau argumentierte.

Hier gab es nun einen jener Kulturbrüche, die uns in den letzten Jahrhunderten beschäftigt haben. In dem Moment, als die Frage der Juden-Emanzipation plötzlich in den höchsten Rängen des Staates zum Thema wurde, konnte man sehen, auf welch dünner Schicht sich die Toleranz selbst der Aufgeklärtesten im Lande bewegte. Ein einzelner Jude, der es zu Bildung gebracht hatte, der kunstvoll schreiben und gelehrt disputieren konnte, das mochte man vielleicht sogar noch "exotisch" finden - aber wenn derselbe gelehrte Mann plötzlich Einfluß auf die Gesetzgebung bekäme! Tatsächlich wurde es plötzlich einsam um Mendelssohn. Sogar Kant, Hamann, Herder und andere konnten und wollten ihm hier nicht mehr folgen. Zudem musste Mendelssohn erleben, wie auch sein inzwischen verstorbener Freund Lessing öffentlich diffamiert wurde, dessen Stück Nathan der Weise - eine unüberbietbare Hommage an seinen Freund Moses Mendelssohn - in breiten Kreisen als Provokation aufgefasst wurde. Dazu kam der unsägliche Streit mit Jacobi, der behauptete, Lessing sei in seinen letzten Lebensjahren ein überzeugter Spinozist - was damals soviel hieß wie Atheist - geworden. Mendelssohn verfasste für seinen Freund eine letzte Verteidigungsschrift, die er am 31.12. 1785 zum Drucker brachte. Es herrschte raues, kaltes Wetter, Mendelssohn zog sich dabei eine Bronchitis zu, an der er wenige Tage später, am 4. Januar 1786, mit 56 Jahren viel zu früh starb.

Sein Freund Karl Philipp Moritz machte öffentlich Jacobi für den Tod Mendelssohns verantwortlich. Hier ging er vermutlich zu weit, aber es waren nicht zuletzt die ständigen Kämpfe um das Ansehen seiner Religion, um Wahrheit und Recht, die Mendelssohn zermürben mussten. Wieviel mehr wäre uns von diesem weisen, liebenswerten und scharfsinnigen Mann noch an Erkenntnis, Weltweisheit und Empfindung überliefert worden, wenn er noch ein bisschen mehr Zeit gehabt hätte!

Aber bereits die Wirkung seines kurzen Schaffens und der von ihm verbreiteten Ideen war enorm und faszinierend: Mit seinen Beiträgen in den "Literaturbriefen" und generell seinen ästhetisch-theoretischen Beiträgen ebnete er überhaupt erst den Weg für eine eigenständige und sich immer höher entwickelnde deutsche Literatur, die schließlich in die Blüte der deutschen Klassik mündete. Mendelssohn war quasi der "Literaturpapst" der Spätaufklärung, sein kritisches oder aufmunterndes Wort galt etwas, auf sein Geschmacksurteil hörten Goethe und Wieland, Herder und Klopstock, natürlich las ihn ein Schiller, dessen ästhetische Briefe ohne Mendelssohn nicht denkbar sind. Wieland sagte einst: von einem Mendelssohn gelobt zu werden, das wäre das Höchste.

Nur durch ihn wurde die große Schau der Leibnizschen Philosophie weitergetragen und hatte erheblichen Einfluß auf die Humboldts, auf Schiller, auf viele andere wie Herder und Salomon Maimon, so dass es nicht übertrieben ist, die außerordentliche philosophische Blüte in Preußen nicht nur auf Kant, sondern eben auch auf Mendelssohn zurückzuführen.

Und schließlich die politische Wirkung Mendelssohns: er war das Ehrenmitglied der Berliner Mittwochsgesellschaft, an dessen Spitze Biester stand. Hier sammelten sich jene, die erste Reformprojekte in der preußischen Verwaltung, der Justiz und im Bildungswesen diskutierten und damit die Ideen, die dann eine Generation später, nach der Niederlage gegenüber Napoleon, von den eigentlichen "preußischen Reformern" Stein, Hardenberg, Scharnhorst und Humboldt umgesetzt wurden. "Preußen als Kulturstaat" - jüngstes Thema eines großen "Salonabends" der Berliner Akademie der Wissenschaften -- ist ohne Mendelssohn nicht denkbar. Aber viele seiner Ideen sind - obwohl im Gewand des 18.Jahrhudnerts daherkommend - gerade für die heutige Zeit hoch aktuell, einiges davon werde ich heute Abend zumindest streifen.

Mendelssohn markiert zugleich den Beginn einer Tradition jüdischen Denkens und jüdischer Denker, die ganz maßgeblich Philosophie und intellektuelles Leben in Deutschland bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts geprägt haben. Man denke an Denker wie Hermann Cohen, Franz Rosenzweig, Albert Einstein, Ernst Cassirer, Leo Baeck, um nur einige zu nennen. Wir können es uns nicht länger leisten, diesen Beitrag schweigend zu übergehen! Wir fügen uns selbst schwerste seelische und geistige Verletzungen zu, wenn wir diese jüdische Denktradition weiter ignorieren. Hier liegt ein Schatz philosophischer, theologischer, literarischer und wissenschaftlicher Ideen, der darauf wartet, gehoben zu werden. Ich behaupte sogar, dass es keinen Weg aus der philosophischen und wissenschaftlichen Sackgasse, in die wir geraten sind, gibt, ohne an diese jüdisch-intellektuelle Tradition anzuknüpfen.

Als die Sackgasse bezeichne ich die Oszillationen zwischen Post-Moderne und Existentialismus, bei denen die Suche nach dem Menschen als individuellem Charakter und "unvertretbaren Selbst" genauso unbefriedigt bleibt wie die Frage nach einem Bezug des Einzelnen auf Gott oder das Universelle unbeantwortet. Ein philosophischer Ansatz, der Glauben und Vernunft zusammenführt, der eine Synthese zwischen Antike und Moderne, zwischen Individualität und Universalität, zwischen Freiheit und Selbstbindung schaffen kann, ist am Beginn dieses Jahrhunderts dringend gesucht. Das jüdische Denken von Mendelssohn bis Cohen und Cassirer bietet uns dafür unverzichtbare Einsichten. Die Debatte ist noch nicht eröffnet, wie sich die Schuld an den Verbrechen der Vergangenheit tatsächlich abtragen ließe. Denn Bekenntnisse der Betroffenheit und schamhafte Selbstzweifel laufen irgendwann ins Leere, wenn nicht die Perspektive einmal geändert wird und ein Nachdenken darüber einsetzt, wie sich eventuell eine Denktradition aufgreifen ließe, die mit 1933 brutal unterbrochen wurde, indem ihre besten Repräsentanten verfolgt, ermordet und ins Exil getrieben wurden. Der Verlust der jüdischen Denktradition im Geiste eines Mendelssohn hat uns erkalten und erstarren lassen und uns von vielem Wahren und Schönen abgeschnitten.

Die Leibnizsche Philosophie und Moses Mendelssohn


Ich möchte mich auf zwei Aspekte des umfangreichen Wirkens von Mendelssohn beschränken, die gleichzeitig Antwort auf die Frage geben können, was er uns heute bedeutet. Es wird dabei deutlich werden, dass eine kleine Kraft, ein Mensch oder eine kleine Gruppe von Menschen sehr viel bewegen kann, wenn er oder sie den neuralgischen Punkt der jeweils aktuellen Debatte auf eine unerwartete Weise berühren und aus einem neuen Licht erscheinen lassen.

Worum ging es in der Mitte des 18. Jahrhunderts? Zum einen rutschte nach dem Tode Christian Wolffs (1679-1754) die Philosophie in eine tiefe Krise, die sich in dem heftigen Kampf der verschiedenen Schulen gegen Leibniz und sein "System" entlud. Mendelssohn ergriff hier sofort Partei, und zwar zugunsten Leibnizens und gegen die Partei der französischen Aufklärer, die am Hofe Friedrich des Großen großes Gewicht hatte. Auch heute ist eine Krise der Philosophie zu konstatieren - ich komme darauf noch zu sprechen.

Zweitens: die aufkommende Diskussion über Ästhetik und Kunst. Es ging dabei um die Frage, inwieweit Kunst objektiven Regeln zu folgen habe oder aber ganz im subjektiven Belieben des Künstlers stehe, ob Kunst nur sinnliches Vergnügen bereiten oder auch die Vernunftkräfte beschäftigen solle. Ein - wie ich meine - ebenfalls hochaktuelles Thema angesichts dessen, dass die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz, extremem Subjektivismus und öder Banalität verwischt werden. Und angesichts dessen, dass eine ernsthafte Diskussion über mögliche Kriterien für die schöne Kunst nicht stattfindet, jedenfalls nicht in der breiteren Öffentlichkeit.

Also zum ersten Punkt: Mendelssohns Eingreifen in die Philosophie der Zeit. Ich beginne mit dem Autobiographischen. Mendelssohn entschied sich früh für Leibniz als seinen philosophischen Wegweiser. Denn wie gesagt durfte er eigentlich als gläubiger Jude weder Philosophie studieren noch die deutsche Sprache erlernen. Hier kam ihm Leibniz mit seinem Diktum zu Hilfe, wonach Glauben und Vernunft keinen Widerspruch darstellen. Dies ist nicht so zu verstehen, dass jemand durch Vernunft zum Glauben gebracht werden sollte, sondern zunächst einmal in dem Sinne, dass die Glaubenssätze entweder auch durch die Vernunft erschlossen werden können - wie z.B. die Existenz eines absoluten, vollkommenen Wesens -, oder aber zumindest nicht widernatürlich sein sollen (dies betraf z.B. den Umgang mit den Mysterien). Wenn also die Vernunft im Augenblick die Mysterien nicht erklären könne, sollte zumindest eine spätere Vernunfterklärung nicht ausgeschlossen sein.

Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, warum Mendelssohn Leibniz als Retter in den Stürmen seiner eigenen religiösen Zweifel sah. In den Briefen über die Empfindung schrieb er dazu:

"Mich quälten, wie höllische Furien, Zweifel an der Vorsehung, ja ... an dem Dasein Gottes und an der Zuverlässigkeit der Tugend. Jetzt stand ich in Gefahr, von der Wollust trunken, in den Abgrund zu stürzen, darin die Sklaven des Lasters stündlich tiefer sinken. Heran, seichte Denker, die ihr eine jede tiefsinnige Betrachtung für Unsinn haltet; rettet eine Seele aus dem Rachen des Verderbens. Bietet alle eure Seelenkräfte auf! Ratet! Was war zu tun? Sollte ich die aufsteigenden Zweifel in ihrer Geburt ersticken? Wodurch? Durch den Glauben? Ich elender! Ich versuchte es, allein kann das Herz glauben, wenn die Seele zweifelt? ...Ihr verstummet? Die alles entscheidende Geschwätzigkeit ist auf einmal dahin. Eure Scheingründe haben sich wie Dünste in der Luft zerteilet, und ihr überlasset mich meinem Jammer? Dank sei jenen getreuen Wegweisern, die mich zur wahren Erkenntnis und zur wahren Tugend zurückgeführt haben. Euch Locke und Wolff! Dir unsterblicher Leibniz stifte ich ein ewiges Denkmal in meinem Herzen. Ohne eure Hilfe wäre ich auf ewig verloren. Euch selbst habe ich nie gekannt, allein eure unvergänglichen Schriften, die von der großen Welt ungelesen bleiben, und die ich in einsamen Stunden um Hilfe angefleht, haben mich auf den sicheren Weg zur wahren Weltweisheit, zur Erkenntnis meiner selbst und meines Ursprungs geleitet. Sie haben die heiligen Wahrheiten in meine Seele gegraben, auf die sich meine Glückseligkeit gründet; sie haben mich erbauet."(3)

Für Mendelssohn war vor allem das Leibnizsche System der prästabilierten Harmonie interessant. Er hat es im Phädon behandelt und in den Morgenstunden. Was hat es damit auf sich?

Um es ganz kurz zu sagen: Zur Zeit von Leibniz war die Frage nach dem Verhältnis zwischen Körper und Seele, Geist und Materie eines der ungelösten Probleme. Wir erleben heute durchaus Analoges, wenn wir die heutige Debatte um die Hirnforschung verfolgen. Leibniz erklärte sich hierzu recht ausführlich, als er davon sprach, kein Mittel gefunden zu haben, um zu erklären, wie der Körper irgendetwas in der Seele geschehen lassen könnte oder umgekehrt.

"An dieser Stelle hat Descartes das Spiel aufgegeben", so Leibniz. Descartes dachte sich ein System der Gelegenheitsursachen oder einen "Deus ex machina", einen Gott, der permanent eingreifen müsse, um aus einem geistigen Impuls eine materielle Wirkung hervorgehen zu lassen oder umgekehrt. Eigentlich war das ein Rückgriff auf die Wunder. Leibniz wollte das Verständnis komplexer Prozesse nicht auf Wunder stützen, sondern auf die Vernunfterkenntnis. Und so kam er zu folgenden Schlussfolgerungen:

1. "Ich war gezwungen zuzugeben, daß die Seele oder eine andere Substanz nicht etwas von außen empfange, es sei denn durch göttliche Allmacht." Aus dieser Sichtweise heraus musste er der Seele und allen anderen Substanzen eine vollkommene Spontaneität zugestehen, alle Strebungen, Perzeptionen usw. haben ihren Grund in der Substanz oder Seele selbst ! Aber wenn dem so ist, war natürlich die Frage, wie es zu einer Übereinstimmung oder zumindest einer gewissen Ordnung zwischen den verschiedenen Substanzen käme, warum also nicht Chaos und Anarchie herrschten?

2. Nach Leibniz bewirkt Gott, "daß es eine vollkommene Übereinstimmung unter allen diesen Substanzen gibt, die die gleiche Wirkung hervorruft, als wenn es eine Übertragung der Spezies - also einen unmittelbaren Verkehr zwischen Körper und Seele untereinander gäbe!" Er nennt diese Entsprechung die "prästabilierte Harmonie" und sagt dazu: "Da die Seele von Natur aus auf Veränderung und Fortschritt hin orientiert ist, wird sie den Veränderungen des Universums entsprechen (denn es ist ihr gegeben, das Universum auf eine sehr genaue Weise abzubilden); ebenfalls wird der Körper auch der Seele angepaßt sein" Natürlich erfordert eine solche Übereinstimmung zwischen Körper und Seele eine bestimmte Folge der Dinge, bzw. eine bestimmte universell gültige Kausalität. Leibnizens Kontinuitätsgesetz kommt hier zur Anwendung, wonach in der Natur, aber auch in der Welt des Geistes eines aus dem anderen folgt. "Die Gegenwart geht immer schon mit der Zukunft schwanger", so ein berühmter Satz von Leibniz. Und an diesem Punkt entzündete sich der Streit. Man warf Leibniz Determinismus, Materialismus, Gottlosigkeit und Fatalismus, kurz die Leugnung der Freiheit vor!

3. Leibniz selbst sah es gerade umgekehrt: "Mit meinem System ist auch gesagt, daß wir nicht nur dem Anschein nach frei sind, wie es einige meinen, sondern wirklich frei und nur dem Anscheine nach genötigt." Das rückt auch die Unsterblichkeit der Seele in ein neues Licht, in der wunderbaren Erhaltung unserer Individualität sehen wir ein System großer Erhabenheit: "Jeder Geist ist unabhängig von jedem anderen Geschöpf wie eine sich selbst genügende Welt für sich, die das unendliche einschliesst, und das Universum ausdrückt - und so ist dieser Geist genauso dauernd, existent und absolut wie das Universum der Geschöpfe selbst. (4)

Leibniz leugnet keineswegs die Freiheit des Menschen. Darum ging es jedoch seinen Widersachern weit weniger als um die Freiheit Gottes. Sie betrachteten es als Blasphemie, dass Leibniz Gott gewissermaßen darauf verpflichten wollte, seinen freien Willen für das Gute, und nicht nach Willkür und Laune einzusetzen. Leibniz war einer der wenigen Philosophen des 18.Jahrhunderts, der mit dieser Idee der prästabilierten Harmonie eine Gesamtdeutung der Welt, wie man heute sagen würde, den Versuch einer Sinngebung für die Welt als Ganzer unternahm.

Und hierin liegt seine Aktualität. Denn ein solcher Ansatz ist spätestens im 20. Jahrhundert in Philosophie und Wissenschaft weitgehend der Beliebigkeit, dem Zynismus oder dem Existenzialismus zum Opfer gefallen. Hierin liegt eine der Wurzeln für die Krise der modernen Welt - aber wir sehen auch schon eine entgegengesetzte Tendenz in dem Versuch, sich erneut an eine Gesamtdeutung zu wagen. Dass dies diffizil, vielleicht gefährlich ist, ja vielleicht wie manche befürchten, zu einem neuen religiösen oder andersgearteten Fanatismus führen kann, erfordert eine umso breitere Debatte in der Öffentlichkeit. Insofern ist die Beschäftigung mit der Diskussion des 18. Jahrhunderts nicht nur historisch oder akademisch interessant, sondern berührt fundamentale Fragen der Gegenwart.

Bevor ich auf Mendelssohns Wirken in diesem Kontext direkt eingehe, muß ich noch ganz kurz erklären, worin die Krise der Philosophie nach dem Tode Leibnizens bestand. Indem Christian Wolff einige der Leibnizschen Ideen durch grobe Vereinfachung popularisierte, wurden diese Ideen in den 20er und 30er Jahren des 18. Jahrhunderts zur Modeströmung, bevor sich dann wachsender Widerstand dagegen regte. Dieser Widerstand konzentrierte sich in religiösen Zirkeln, vor allem bei den sogenannten Pietisten in Halle, in Württemberg und anderswo. Wie schon gesagt klagten sie Leibniz des Determinismus an, der aus ihrer Sicht die Welt als seelenlose Maschine, als mechanisches Uhrwerk beschrieben habe.

Sie fürchteten, dass wenn das Universum aus Vernunftgründen erklärt werden könne, für Religion und Glauben kein Platz mehr bliebe. Der Vernunft mussten Grenzen gesetzt werden, das war der Trend der Philosophie, der sich vor allem nach dem Tode Wolffs im Jahre 1754 manifestierte. Weniger bekannte Namen wie Crusius und Rüdiger standen für diese Richtung, die sich ironischerweise noch bei Kant reflektierte. Auch er verfolgte ja mit seinen "Kritiken" den Anspruch, in erster Linie die
Grenzen der Vernunft aufzuzeigen, auch um damit der Religion ihren Platz zu sichern, der jenseits von Gottesbeweisen und Vernunftgründen zu behaupten sei.

Dies alles ist eine Geschichte für sich, ich wollte sie nur streifen, um zu zeigen, in welches philosophische Milieu Mendelssohn hineinwuchs, als er mit dem Schreiben anfing.

Ursula Goldenbaum - eine sehr bekannte Forscherin zur Aufklärung hier in Berlin - hat die Dinge sehr zugespitzt auf den Punkt gebracht, als sei sagte: Mendelssohn und Lessing waren damals die einzigen, die der Vernunft grenzenlose Gültigkeit sichern wollten.

Hören wir einmal Mendelssohn selbst, wie er die Lage der damaligen Metaphysik sah:

"Man trägt sich heutigen Tags mit der Grille, alle Wissenschaften leicht und ad captum, wie man es zu nennen beliebt, vorzutragen. Dadurch glaubt man die Wahrheit unter den Menschen auszubreiten, und sie wenigstens nach allen Ausmessungen auszudehnen, wenn man ihren inneren Wert nicht vermehren kann... Man hat in allen artigen Gesellschaften von Monaden, vom Satze des zureichenden Grundes, des Nichtzuunterscheidenden usw. gesprochen. Es waren Modeworte, die man aus Galanterie kennen musste. Man trug Wahrheiten im Munde, davon weder Geist noch Herz durchdrungen war." (5)

Eine Philosophie aus Vernunftgründen wurde in den Salons - den artigen Gesellschaften - so weit banalisiert, dass man auf sie besser gleich verzichten und zur "reinen" Religion zurückkehren konnte. Der Vernunft wurden wieder Grenzen gesetzt. Ich behaupte, dass diese Frage nach wie vor von großer Bedeutung ist, wenngleich mit einem etwas anderen Akzent als damals. Im 18. Jahrhundert erfolgte die Grenzziehung der Vernunft, um die Religion zu "retten". Heute werden der Vernunft Grenzen gezogen, um die Wissenschaft zu retten! Das klingt paradox - wir müssen also deutlich machen, welche Wissenschaft und welche Vernunft wir meinen. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen: Der durchschnittliche Physiker unserer Zeit sagt, er habe es nur mit Fakten zu tun, mit empirischen Fakten. Es gehe ihm also nicht darum, die Welt zu erklären, die ganz großen Zusammenhänge etwa, denn die seien ohnehin dem logischen Denken nicht zugänglich und das Nachdenken darüber führe schließlich in die pure Spekulation. M.a.W. müsse der Versuch der Weltdeutung - als Akt der Vernunft - aus der empirischen Wissenschaft herausgehalten werden, um ihr Reich der reinen Fakten zu sichern. Aber ist das Wissenschaft? Ist nicht Wissenschaft gerade die Beschäftigung mit den Hypothesen, den Theorien, den Ideen, die über die Fakten hinausgehen, die versuchen, die Fakten in einen größeren Zusammenhang einzuordnen?

Dies war der Ansatz von Leibniz - und von Mendelssohn. Hören wir einmal, was dieser in seiner letzten philosophischen Schrift, den Morgenstunden, dazu sagt. Hier beschreibt Mendelssohn in Anlehnung an Platon die Begriffe oder Ideen als eine eigene Welt, die ebenso nach strenger Kausalität geordnet ist wie die Welt der physischen Erscheinungen. Jeder Begriff hat Nebenbegriffe, Unterbegriffe, wie ein Baum, der mit seinen vielen Zweigen und Ästen zwar sehr stark differenziert ist, aber dennoch eine Einheit darstellt. Mendelssohn unterscheidet zwischen dem Denkbaren und dem Nicht-Denkbaren. Was einen Widerspruch in sich enthalte, ist auch nicht denkbar, denn das Denkbare müsse immer eine Entsprechung in der Wirklichkeit haben, oder wie Mendelssohn lakonisch formuliert: "Kein Begriff ohne Sache und keine Sache ohne Begriff".

Man denkt hier spontan an Kant; doch während dieser den Begriff einer höchsten Gerechtigkeit für spekulativ und jenseits von Vernunftgründen angesiedelt hat, sieht Mendelssohn den Menschen als Ganzes, in dem Erkenntnisvermögen, Begehrungsvermögen und Billigungsvermögen zusammenwirken und den Menschen als einen Menschen bestimmen, während bei Kant diese drei Vermögen getrennt wirken und von ihm schließlich ja auch getrennt abgehandelt werden.

Im übrigen betrachtet Mendelssohn diese drei Vermögen als gleichberechtigt. Das Begehren (der Wille) und das Billigen (das ästhetische oder moralische Urteil) wirken bei jeder Erkenntnis der Vernunft mit, sie sichern im Streben nach dem Guten und im Empfinden des Schönen Freiheit und Spontaneität. Auch wenn Mendelssohn und Leibniz davon ausgehen, dass Alles mit Allem in permanenter Wechselwirkung verbunden ist, liegt darin für sie kein Widerspruch zur menschlichen Freiheit, diese Kausalordnung ist vielmehr erst die Voraussetzung unserer Freiheit. Denn ohne dass wir in der Natur, im menschlichen Verhalten etc. eine bestimmte Ordnung der Dinge, eine Folge der Kausalität annehmen können, müsste unsere Freiheit als willentliche Handlung ins Leere laufen, wir wüssten nicht, was und warum wir etwas tun.

Einig sind sich Kant und Mendelssohn darin, dass die Frage nach dem Ding an sich überflüssig sei. Man solle nicht nach dem Wesen einer Sache fragen, sondern nach ihrer Wirkungsweise.

Auch hierin ist sich Mendelssohn übrigens mit Platon einig - und so steht am Ende des siebten Kapitels der Morgenstunden der schöne Satz: "Der Mensch forscht nach Wahrheit, billiget das Gute und Schöne, will alles Gute und tut das Beste." (6)

Mendelssohn hielt in den Stürmen der Metaphysik seiner Zeit die Zügel fest in der Hand und rettete die Ideen Leibnizens in ihrer authentischen Form, um sie an die großen Köpfe der deutschen Klassik, an Schiller, Goethe, Humboldt, Herder u.a. weiterzugeben. Darüber hinaus hat er in seinem berühmten Phädon eine höchst originelle Synthese von Leibniz und Platon geschaffen. Und in den Morgenstunden hat er ein kritisch-polemisches Werk der Auseinandersetzung mit allen philosophischen Strömungen seiner Zeit verfasst, das ganz von Leibniz inspiriert und durchdringen war.

Und dies alles hat er trotz seiner Arbeit als Buchhalter fertiggebracht. Wie sauer dem Philosophen Mendelssohn oftmals die Arbeit im Kontor wird, darüber schreibt er in ironischem Ton an Lessing: "Ich las indessen unter der Arbeit hier und da ein Fleckchen; und da merkte ich es, wie schwer es ist, Empfindungen zu haben und ein Buchhalter zu sein. ...ein guter Buchhalter ist gewiß ein seltenes Geschöpf. Er verdient die größte Belohnung, denn er muß Verstand, Witz und Empfindung ablegen und ein Klotz werden, um richtig Buch zu führen." (7)

Mendelssohns erster Beitrag zur Ästhetik:

Vernunft erhöht den Kunstgenuss

Haben Sie etwas gemerkt? Wir sind bei den philosophischen Betrachtungen unvermittelt - quasi ohne Vorwarnung -- auf das Gebiet der Ästhetik gekommen. Ich erwähnte, dass Mendelssohn den ganzen Menschen betrachtete, genauso wichtig wie die Erkenntnis mithilfe des Verstands seien das ästhetische oder moralische Urteil. Alle drei sind Bestandteile der Seele, und somit der Vernunft zugänglich. Das heißt nicht, dass sie immer rational und logisch erklärbar seien, aber durch eine erweiterte Anwendung der Vernunft - über mechanische, mathematische Regeln hinaus - der Erkenntnis zugänglich gemacht werden können. Diese erweiterte Vernunft - oder erweiterte Erkenntnis der menschlichen Seelenkräfte - erschließt sich uns durch die schöne Kunst oder die Ästhetik.

Ich muß wiederum zunächst einen kleinen Schlenker machen, um die Brisanz der Mendelssohnschen Hypothese deutlich werden zu lassen.

Ich hatte von den Pietisten gesprochen, und dass sie der Vernunft Grenzen setzen wollten. Ironischerweise führte dies dazu, dass sie der nicht-vernünftigen "Sinnlichkeit" ihr eigenes Reservat zuwiesen, in dem einerseits die Religion ihren Platz finden konnte, aber auch die schöne Kunst! Und so waren es gerade die Pietisten, die einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer ästhetischen Theorie leisteten - mit dem Ziel, die Sinnlichkeit, die anschauende Erkenntnis gegen die Vernunft zu behaupten. Mendelssohn fühlte sich dadurch herausgefordert, denn wie gesagt waren für ihn sinnliche, anschauende Erkenntnis und Vernunfterkenntnis nicht nur untrennbar verknüpft, sondern auch gleichberechtigt.

Dies hatte eine große Wirkung auf die Entwicklung seiner eigenen ästhetischen Theorie. Hören wir einmal, was seiner Ansicht nach die schöne Kunst praktisch und theoretisch zu leisten hätte. "Die schönen Künste und Wissenschaften sind für den Virtuosen eine Beschäftigung, für den Liebhaber eine Quelle des Vergnügens, und für den Weltweisen eine Schule des Unterrichts", sagt er in den "Hauptgrundsätzen der schönen Wissenschaften und Künste".(8) Die Philosophie (Weltweisheit ist hier auch noch als Tugendlehre zu verstehen) und die Kunst ergänzen sich, die Kunst erfüllt unser Verlangen nach Vergnügen genauso wie das nach Erkenntnis bzw. nach Tugend im Sinne der Weltweisheit.

Auch dieser Gedanke stammt von Leibniz - in den Neuen Abhandlungen über den menschlichen Verstand stellte er bereits fest, dass die Erkenntnis der Tugend nicht nur eine Frage der Vernunft sei. Leibniz: "Ich behaupte, dass die Tugend, die ja so viele echte Güter mit sich führt, eine unendlich größere Wirkung haben würde, wenn irgendeine glückliche Umwälzung der Menschheit sie einmal in Aufnahme und gleichsam in Mode bringen würde... Cicero sagt irgendwo sehr gut, dass wenn unsere Augen die Schönheit der Tugend sehen könnten, wir sie mit Inbrunst lieben würden. ...aber da weder dies noch etwas Gleichwertiges geschieht, so muß man sich nicht wundern, wenn in dem Kampf zwischen Geist und Fleisch der Geist so häufig unterliegt, weil er von seinen Vorzügen so wenig Gebrauch macht". (9)

Mendelssohn dazu: "Die verständige Vollkommenheit erleuchtet die Seele, und befriedigt ihren ursprünglichen Trieb nach bündigen Vorstellungen. Wenn sie aber die Triebfedern des Begehrungsvermögens in Bewegung setzen soll, so muß sie (die verständige Vollkommenheit) sich in eine Schönheit verwandeln!" (10)

Damit die Vernunft zur guten Handlung bewegt wird, ist die sinnliche Erkenntnis dieser guten Handlung als Begleiterin erforderlich, aber es kommt noch etwas hinzu: durch die Mittel der schönen Kunst erkennt der Weltweise etwas über die Seele des Menschen, das er allein aus der Vernunft nicht hätte herleiten können. Mendelssohn sagt:

"In den Regeln der Schönheit, die das Genie des Künstlers empfindet, und der Kunstrichter in Vernunftschlüsse auflöset, liegen die tiefsten Geheimnisse unserer Seele verborgen. Jede Regel der Schönheit ist zugleich eine Entdeckung der Seelenlehre. Denn da sie eine Vorschrift enthält, unter welchen Bedingungen ein schöner Gegenstand die beste Wirkung in unser Gemüt tun kann, so muß sie auf die Natur des menschlichen Geistes zurückgeführt und aus dessen Eigenschaften erklärt werden können. Wenn also der Weltweise die Spuren der Empfindungen auf ihren dunklen Wegen verfolgt, so müssen sich ihm neue Aussichten in der Seelenlehre auftun, die er sonst durch Vernunftschlüsse und Erfahrungen nie entdeckt haben würde!" (11)

Das ist schon eine sehr gedrängte, präzise und vor allem revolutionäre Auffassung von Kunst, die Mendelssohn hier vorträgt. Es geht nicht um eine simple Definition der Schönheit, sondern wir haben es hier zunächst einmal mit vier Personen zu tun: dem Künstler, dem Kunstrichter, dem Publikum und dem Philosophen.

Das Genie des Künstlers ist zwar ganz subjektiv, empfindet aber als solches gewisse (objective) Regeln der Schönheit. Der Kunstrichter - also der Theoretiker der Schönheit, der theoretische Ästhetiker - kann und soll die subjektive Empfindung des Genies objektiv verstehen, also in Vernunftschlüsse auflösen. Wie lässt sich der objektive Maßstab des Kunstrichters und der Regeln der Schönheit mit der subjektiven Freiheit des Genies vereinbaren? Um dieses scheinbare Paradox aufzulösen, beurteilt der Kunstrichter die Wirkung schöner Kunst auf den Menschen. Auch diese Wirkung kann die lässt sich vernunftgemäß erschließen, nämlich durch Kenntnis der natur des menschlichen Geistes. Die Kunst verschafft uns also über die ästhetische Theorie neue Einsichten in die Natur des menschlichen Geistes, durch die der Philosoph oder Weltweise seine Vernunfterkenntnis derSeelenkräfte erweitern kann.

Diese Verschränkung höchster subjektiver Freiheit des künstlerischen Genies und der Möglichkeit einer objektiven Vernunfterklärung der künstlerischen Wirkung war der eigentliche Beitrag Mendelssohns zur ästhetischen Theorie. Er vereinigte einerseits die gängigen ästhetischen Theorien und überwand sie gleichzeitig. Da war zum einen der "Literaturpapst" Gottsched, der die Theorie des poetischen Handwerkers vertrat. Der Dichter hatte festen Regeln zu folgen, was sowohl den Inhalt als die Form des Gedichts betraf; Versmaß, Gegenstand und Wortschatz waren festgelegt. So konnte eigentlich jeder Dichter werden, der die Rezeptur kannte und zu mixen verstand, wie es beim Bäcker oder jedwedem anderen Handwerker der Fall ist. Die Pietisten andererseits öffneten zwar der dichterischen Freiheit die Tür, aber erstens wollten sie diese auf biblische Themen einschränken, und zweitens sollte sich die Vernunft in die Beurteilung der Kunst nicht einmischen.

Mendelssohn bestand nicht nur auf der Einmischung der Vernunft, sondern behauptete auch, dass die Einschaltung der Vernunft den Kunstgenuß, unser Vergnügen also, erhöhen würde. In den "Briefen über die Empfindungen" schreibt Mendelssohn:

"Je klarer die Vorstellung des schönen Gegenstands, desto lebhafter die Empfindung, desto feuriger das Vergnügen, das daraus entspringt. Eine klarere Vorstellung lässt uns eine größere Mannigfaltigkeit, mehrere Verhältnisse des Mannigfaltigen gegen einander wahrnehmen. Lauter Quellen der Lust!

Höre nun, edler Jüngling, wie ich mich zum Genuss eines Vergnügens vorbereite. Ich betrachte den Gegenstand des Vergnügens, ich überdenke alle seine Teile, und bestrebe mich, sie deutlich zu fassen. Alsdenn richte ich meine Achtsamkeit auf ihre allgemeine Beziehung; ich schwinge mich von den Teilen zum Ganzen... dem Weltweisen ist die Betrachtung des Ganzen eine unversiegende Quelle des Vergnügens. Sie versüßt seine einsamen Stunden, sie erfüllt seine Seele mit den erhabendsten Empfindungen, entziehet seine Gedanken dem Getümmel der Erde und nähert sie dem Thron der Gottheit." (12)

Und einige Seiten später wendet Mendelssohn diese Theorie auf den Mathematiker an:

"Der tiefsinnige Mathematiker, der die verborgensten Wahrheiten ergrübelt, bessert seine Seele. Allein die Sinne nehmen an der Freude keinen Anteil, so lange er von Wahrheit auf Wahrheit mühsam fortschreitet. In dieser Folge seines Nachsinnens macht ein deutlicher Begriff dem andern Platz. Lauter Arbeit! Lauter mühsame Arbeit!

Wenn er aber die Kette der Schlüsse, die er durchgearbeitet, auf einmal überdenkt, wenn er überschlägt, wie die Wahrheiten in der besten Ordnung Glied an Glied geheftet sind, wie eine aus allen und alle aus einer fließen; welche Fülle der sinnlichen Lust muß sich alsdann aus seinem Gehirne auf den ganzen Körper ergießen. ...die erstaunliche Mannigfaltigkeit, die sich in der schönsten Ordnung ausnimmt, bewegt alle seine Fasern seines Gehirns in einer holdseligen Eintracht. Sie macht das Spiel aller Nerven rege: der Mathematiker schwimmt in Wollust." (13)

Schönheit als sinnlich-anschauliche Einheit in der Mannigfaltigkeit ist also Mendelssohns erste Begriffsbestimmung in der Theorie der Ästhetik. Später wird dies von ihm immer weiter differenziert und thematisch erweitert werden.

Literaturkritik als angewandte Theorie des Schönen


Mendelssohn beschäftigt sich also mit einer Theorie der Empfindungen. Er ist jung, lernbegierig und sprüht voll schöpferischer Energie. Und so will er nicht nur über Empfindungen schreiben, sondern sie auch selbst erregen, verfeinern, vertiefen - kurz, am liebsten wäre er selbst Dichter geworden. Aber er hat keine Zeit, er arbeitet tagsüber im Kontor. Sein Freund Nicolai hat größere Freiheiten, und er dichtet. Nun treffen sich Nicolai und Mendelssohn fast täglich zu abendlicher Stunde, Nicolai liest seine Verse vor und Mendelssohn urteilt, kritisiert, verwirft, lobt. Und amüsiert sich selbst darüber.

In einem Brief an Lessing schreibt er:

" Ich bin der grübelnden Metaphysik auf einige Zeit untreu geworden. Ich besuche Herrn N. sehr oft in seinem Garten. Wir lesen Gedichte, Herr N. liest mir seine eigenen Ausarbeitungen vor, ich sitze auf meinem kritischen Richterstuhl, bewundere, lache, billige, tadle, bis der Abend hereinbricht....ich bekomme einen ziemlichen Ansatz zum "belesprit". Wer weiß, ob ich nicht gar einst Verse mache? Madame Metaphysik mag es mir verzeihen..." (14)

Wie schon erwähnt entwickelt sich aus dieser abendlichen privaten Literaturkritik schon bald eine öffentliche. Nicolai, Mendelssohn und Lessing geben eine neue Zeitschrift heraus, die Briefe, die neueste Literatur betreffend. Sie erscheint von 1756 bis 1765, also 11 Jahre lang, und sie wurde bald zum wichtigsten Organ der Geschmackserziehung. Goethe, Wieland, Herder, Klopstock gehen quasi bei Mendelssohn in die Schule und studieren seine Kriterien für gute Literatur und Poesie.

Die Literaturbriefe erscheinen von 1756 bis 1763 - während des Siebenjährigen Krieges - und setzen neue Maßstäbe in der Kunstkritik, sie waren das Organ einer sich erneuernden deutschen Literatur, die in der sog. Klassischen Periode ihr höchstes Niveau erreichte. Dem ging wahre Kernerarbeit der Kritik voraus; die Autoren der Literaturbriefe nahmen kein Blatt vor den Mund, auch die poetischen Versuche des Königs mussten sich der Kritik unterziehen, und erneut führte man auch den verbalen Degen gegen die französische Tändelei eines Voltaire und anderer, der Zeitgeist wurde also schonungslos verrissen. Umso erstaunlicher war es, dass die Zensur erst im Jahre 1762 zuschlug. Es drohte eine Anzeige und ein Verbot der Zeitschrift, und Mendelssohn wurde vor den Generalfiskal Uhde geladen.

Dazu ist folgender verbaler "Schlagabtausch" zwischen Mendelssohn und dem Generalfiskal überliefert:

Generalfiskal Uhde: Hör er, wie kann er sich unterstehen, wider Christen zu schreiben Moses M.: Wenn ich mit Christen Kegel schiebe, so werfe ich alle neune, wenn ich kann.
Uhde: Untersteht er sich zu spotten? Weiß er wohl, mit wem er redet?
Moses Mendelssohn: O ja! Ich stehe vor dem Herrn Geheimen Rat und Generalfiskal von Uhden, vor einem gerechten Mann.
Uhde: Ich frage ihn noch einmal: wer hat ihm erlaubt, wider einen Christen und dazu noch einen Hofprediger zu schreiben?
Moses Mendelssohn: Ich muß noch mal wiederholen, und wahrlich ohne Spott: wenn ich mit einem Christen Kegel schiebe, und wäre es auch ein Hofprediger, so werfe ich alle neune, wenn ich kann. Das Kegelspiel ist eine Erholung für meinen Leib, wie die Schriftstellerei für meinen Geist. Jeder, welcher schreibt, macht es so gut wie er immer kann. Übrigens wüsste ich nicht, dass ich je wider einen Hofprediger noch wider einen anderen Prediger geschrieben hätte. (15)

So etwas wie die Literaturbriefe bräuchten wir heute, eine Zeitschrift zur Erziehung des Geschmacks. Aber das widerspricht doch dem Pluralismus der Kunst, jeder hat doch seinen eigenen Geschmack! Wo kämen wir denn da hin, wenn noch jemand den Geschmack kritisieren wollte? Wir wissen, wo wir hingekommen sind, weil über Geschmack nicht mehr gestritten wird. Der öffentliche Begriff von Kunst ist über die Schmerzgrenze hinaus banalisiert worden, unter den sich Groschen-Romanschreiber wie Tanja Kinkel genauso einreihen wie Dieter Bohlen. Und auf der anderen Seite gibt die Documenta sowie "Performances" aller Art, wo bewusst dekonstruiert wird, Kunst eben nicht mehr verstehbar sein soll, sondern ein rein subjektiver Akt ist. Die Wirkung auf das Gemüt ist uninteressant geworden, wir sollen den Künstler bewundern, der angeblich neue Maßstäbe setzt, indem er keine mehr respektiert.

Wir bräuchten dringend eine Debatte wie zur Zeit Mendelssohns und Lessings, eine Debatte über die Wirkung der Kunst auf das Gemüt und eine Debatte über die Maßstäbe für die Kreativität des Künstlers.

Das Erhabene und das Genie


Beide Aspekte kommen in einem Begriff zusammen, den Mendelssohn als erster im deutschen Sprachraum geprägt hat: im Erhabenen. Ich will mich darauf jetzt konzentrieren und alle anderen Aspekte der ästhetischen Theorie Mendelssohns jetzt auslassen.

Was bedeutet überhaupt der Begriff des Erhabenen? Wir sprachen über die Wirkung der Kunst auf das Gemüt des Menschen. Und meines Erachtens ist die entscheidende Wirkung der Kunst doch die, uns zu erheben, hinaus zu heben über das Alltägliche, das Banale, das Irdische, das Endliche. Denn wenn es wahr sein sollte, dass der Mensch eine Bestimmung zur Vervollkommnung hat, dass der Mensch Anteil am Göttlichen hat, dass er über sich hinaus wachsen kann, dass darin seine Freiheit liegt, dass er nicht vom Schicksal zermalmt werden muß, dass er sich gegen das Große, Furchtbare, Schauderhafte behaupten kann, dann müssen diese Fähigkeiten in ihm geweckt werden und er mit ihnen bekannt gemacht werden. Die Kunst - und hier insbesondere die tragische Kunst - kann ihm dazu die Mittel geben und ihn dadurch "wirklich frei" machen. Dies war Schillers Idee des Erhabenen, und Schiller knüpfte hierin an Mendelssohn an.

Dieser beschreibt in der Schrift Über das Erhabene und das Naive das Erhabene zunächst als das unermesslich Grosse, das in uns einen angenehmen Schauer zu erwecken imstande ist - er sagt: "Man nennet gemeiniglich das intensiv Grosse, das Starke und das Starke in der Vollkommenheit mit der besonderen Benennung des Erhabenen. Man könnte also überhaupt sagen; ein jedes Ding, das dem Grade seiner Vollkommenheit nach unermesslich ist oder scheinet, wird erhaben genannt. Man nennet Gott das erhabene Wesen. Man nennet eine Wahrheit erhaben die irgendein sehr vollkommenes Wesen, als Gott, das Weltall, die menschliche Seele angeht, die von unermesslichem Nutzen für das menschliche Geschlecht ist, oder zu deren Erfindung ein großes Genie erfordert ward." (16)

Um das Erhabene in der Kunst darzustellen, müsse laut Mendelssohn beim Publikum Bewunderung bewirkt werden: "Wenn man also das Erhabene nach seiner Wirkung beschreiben wollte, so könnte man sagen, es sei das sinnlich-vollkommene in der Kunst, das Bewunderung zu erregen im Stande ist....eine jede Vollkommenheit, die durch ihre Größe über unsere gewöhnlichen Begriffe geht, die Erwartung übertrifft, die wir von einem gewissen Gegenstand haben können, oder gar alles übersteigt, was wir uns Vollkommenes denken können, ist ein Gegenstand der Bewunderung". (17)

Dabei ist es in der Poesie z.B. wichtig, sehr sparsam mit Worten umzugehen, der Zuhörer muß nicht alles gesagt bekommen, denn er soll selbst denken. Dazu allerdings soll er begeistert werden, und der Ausdruck muß insofern anschaulich sein. Mendelssohn erläutert dies an einem einfachen Beispiel aus der Bibel: "In dem Satze "Was Gott wollte, das ward" liegt der hohe Begriff, den wir in dem bekannten "Gott sprach, es werde Licht, und es ward Licht" bewundern. Allein jener Ausdruck (Was Gott wollte, das ward) ist abstrakt und also nicht begeistert genug. Die sinnliche Handlung "sprach" und dieser einzelne Gegenstand "Licht" machen den Begriff anschauend und belebt." (18) Das Erhabene muß also sinnlich wirken.

Ein anderes Beispiel aus dem Psalm wird von Mendelssohn zur Verdeutlichung herangezogen: "Darum fürchten wir uns nicht, wenn sich die Erde verwandelt, Und Gebirge mitten im Meere vergehen..." Das Erhabene der Gesinnung beschreibt gibt er an einem antiken Beispiel: die Perser prahlten gegenüber den Griechen, die Menge der Pfeile und Wurfspieße des persischen Heeres würde die Sonne bedecken. Der Spartaner gab zur Antwort: "Wir werden also im Schatten fechten!" Vorzüglich die Monologe der Tragödien würden das Erhabene vollendet zum Ausdruck bringen. Mendelssohn ist tatsächlich der Erste, der den berühmten Monolog des Hamlet "Sein oder Nicht Sein" ins Deutsche übersetzt.

Dies sind einige Beispiele für das Erhabene des Gegenstands - der erhabenen Gesinnung, der erhabenen Größe Gottes oder der Welt. Hiervon unterscheidet Mendelssohn das Erhabene des Ausdrucks. Ein wahres Genie - so sagt er - kann ganz gleichgültigen Gegenständen einen erhabenen Ausdruck verleihen, so dass sich dann unsere Bewunderung weniger auf den dargestellten Gegenstand als vielmehr auf den Künstler selbst richtet.

Wir suchten nach einem Maßstab für den Genius des Künstlers. Das ist es, was Mendelssohn nun behandelt: die erhabene Behandlung eines an sich nicht erhabenen Gegenstands durch den Künstler. Shakespeare ist hier der Meister, und Mendelssohn zitiert hier u.a. den dritten Aufzug des Hamlet. Gildenstern, ein früherer Vertrauter des Hamlet, soll diesen auf Veranlassung des Königs ausforschen und die Ursache seiner Schwermut erfahren. Hamlet merkt dies und wird unwillig:

GILDENSTERN: O mein Prinz! Meine Pflicht ist vielleicht zu kühn, allein -

HAMLET: Das verstehe ich nicht recht. Willst du mich aufmuntern, so spiele hier auf dieser trefflichen Flöte.

GILDENSTERN: Das kann ich nicht, mein Prinz.

HAMLET: O spiele doch.

GILDENSTERN: In der Tat, ich kann nicht.

HAMLET: Ich bitte.

GILDENSTERN: Ich weiß sie nicht anzusetzen, mein Prinz.

HAMLET: Das ist so leicht als die Kunst zu lügen. Hier lege die Finger, hier den Daumen an. Mit dem Munde gib der Flöte deinen Atem, so wird sie entzückende Töne sprechen. Versuche es!

GILDENSTERN: Umsonst! Ich habe die Wissenschaft nicht, die geringste Harmonie herauszubringen.

HAMLET: So? Wofür siehst du mich also an? Du willst mir die Töne ablocken, die im Innersten meines Herzens verborgen liegen. Auf mit zu spielen hälst du für eine leichte Kunst. Und in diesem schlechten Holze liegt eine bezaubernde Stimme, eine göttliche Musik, und du kannst sie nicht zum Laute bringen. O du verstehst noch weniger die Kunst, meinem Herzen die harmonischen Töne abzulocken.

Mendelssohn schreibt dazu: "Niemand als ein Shakespeare darf sich unterstehen, solche gemeine Umstände auf die Bühne zu bringen; denn niemand als er besitzt die Kunst, Gebrauch davon zu machen! Muß der Zuschauer hier nicht so betroffen stehen als Gildenstern, der die überlegene Klugheit des Prinzen empfindet, und sich voller Beschämung entfernt?" (19)

Eine durchaus radikale These wird hier von Mendelssohn präsentiert, da ist keine Spur von Pluralismus in der Kunst. Keiner außer Shakespeare - so sagt er - darf solch "gemeine Umstände" auf die Bühne bringen! Also nicht jeder Künstler darf Alles! Das höchste Genie ist frei, autonom, aber nur, weil es dennoch bestimmten Regeln folgt, Regeln allerdings, die es sich selbst gibt! Shakespeare unterwirft sich keiner Regel, aber in der Entdeckung und Anwendung neuer Regeln schafft er neue Freiheitsgrade und Einsichten. Dem würden auch heute viele Künstler zustimmen, aber was meint Mendessohn mit den Regeln? Wieder ergibt sich die Frage: sind diese Regeln willkürlich, rein subjektiv oder der vernünftigen Einsicht zugänglich? Erinnern wir uns an den Anfang: es gibt den Künstler, das Publikum, aber auch den Kunstrichter und den Philosophen, die sich "anmaßen", das Schaffen des Genies in Vernunftschlüsse aufzulösen.

Mendelssohn sagt dazu: "In der höchsten Erhitzung muß das Genie noch die Zügel der Vernunft in der Hand halten!" Was bedeutet das? Zunächst müssen wir verstehen, was es überhaupt mit dem Begriff des Genies auf sich hat. Dieser Begriff war im 18. Jahrhundert zunächst noch ganz unbekannt. Auch dies ist ein Verdienst Mendelssohns, das Wort Genie in den deutschen Sprachgebrauch eingeführt zu haben. Dieser Begriff kam ursprünglich aus England, Shaftesbury beschäftigte sich wohl nicht zufällig damit, denn dort hatte eines der ganz großen Genien gewirkt, nämlich der schon erwähnte Shakespeare. Mendelssohn verfügte schon recht früh über Englischkenntnisse und las Shakespeare im Original, und zwar Hamlet, Heinrich IV., King Lear, Macbeth, den Sommernachtstraum, Othello, Romeo und Julia. Er bespricht all diese Stücke in den "Literaturbriefen", und rezensiert in diesem Zusammenhang auch das Werk Mark Akensides On the Pleasure of the Imagination (also Über das Vergnügen der Vorstellungskraft). Darin kommt die berühmte Passage vor, die Shaftesburys Begriff des Künstlers als zweiten Schöpfer als "Ein Prometheus unter Zeus" poetisch untermauert:

"Wenn Gewitterwolken den Himmel erleuchten und der Donner den Erdboden erschüttert; wenn fürchterliche Wirbelwinde die Luft zum Heulen bringen und der Ozean, vom tiefsten Meeresboden aufbrausend seine Wellen gen Himmel schleudert;

Wenn dann, inmitten des Aufruhrs, unter dem die Nationen erzittern, Shakespeare von seiner hohen Klippe heruntersieht, überlegen sich am Kampf der Elemente erfreuend"

Mendelssohn bemerkt dazu: "Diese Eigenschaft ist es, dünkt mich, dadurch das Genie zum Erhabenen fähig wird; denn alles was wes in dieser Disposition des Gemüts hervorbringt, wird den Charakter der stillen Majestät an sich haben, die uns als ein Merkmal einer ausnehmenden Vollkommenheit in Bewunderung setzet. Ein Mensch, der die größten Begebenheiten und ungestümsten Leidenschaften heiter und mit sich selbst bewusster Größe, wie Addisons Engel die Gewitterwolken vor sich her treibet, ist meines Erachtens der vollkommenste Sterbliche, der die Grenzen der menschlichen Fähigkeiten schon beinahe überschreitet." (20)

Mendelssohn charakterisiert in Anlehnung an Sulzer das Genie in diesem Zusammenhang durch die Besonnenheit oder "Gegenwart des Geistes, welche die Seele bei der größten Erhitzung der Einbildungskraft bei der Freiheit erhält, die Aufmerksamkeit, wohin es ihn beliebt, zu lenken, um den Vorwurf des Ganzen übersehen zu können... das Genie muß Meister über seine Begeisterung sein, die Vernunft muß in dem Temperamente seiner Fähigkeiten oben an sitzen und im Sturme der Leidenschaften selbst das Steuer nicht verlieren." (21)

Jerusalem:

Für die Bürgerrechte der Juden und den religiösen Dialog

Eine Reise durch Mendelssohns Leben wäre unvollständig, ohne seinen Kampf um die Gleichberechtigung der Juden zu erwähnen. Auf ihn geht die Gründung der ersten Jüdischen Freischule in Berlin zurück, in der Kinder aus jüdischem Haus zum ersten Mal eine breitere Bildung erhalten konnten. Vor allem aber seine vorletzte große Schrift Jerusalem ist eine philosophisch und theologisch tiefgreifende Begründung für die Gleichbehandlung der Juden in der Gesellschaft. Zum einen entwirft Mendelssohn hier ein Plädoyer für die Trennung von Kirche und Staat. Zum anderen sind in dieser Schrift die Gründe dargelegt, warum das jüdische Denken geradezu auf Ausgleich und auf die Einheit von Vernunft und Glauben beruht.

Bevor ich abschließend dazu ein längeres Zitat vorlese, möchte ich ganz kurz den Hintergrund dieser Schrift Jerusalem aufzeigen. Im Jahre 1781 hatte der Justizrat Christian Wilhelm Dohm eine Schrift unter dem Titel Über die bürgerliche Verbesserung der Juden veröffentlicht. Dohm ist eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten im preußischen Staatsapparat. Er ist Prof. für Statistik und Kameralwissenschaften, und gerät über die Stelle eines Archivars in Diensten des Königs schließlich in den diplomatischen Dienst, er ist zeitweilig die rechte Hand des preußischen Außenministers. Dohm ist sehr gebildet, kennt Mirabeau und Raspe (den Herausgeber der Leibniz-Werke), er übersetzt 1777 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, aus all dem wird seine republikanische Gesinnung deutlich. Seit 1779 ist er mit Mendelssohn befreundet, und als 1781 ein sehr hässlicher Streit gegen die Juden im Elsass ausbricht, verfasst Dohm auf Bitten und mit tatkräftiger Unterstützung Mendelssohn eben die Schrift Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. Kurz gesagt wird hierin dargelegt, warum es überhaupt keinen Grund gäbe, die Juden von irgendwelchen Ämtern oder Posten auszuschließen bzw. ihnen nicht die vollen Bürgerechte zu geben. Dohm führt im Einzelnen aus, warum die Befolgung ihrer religiösen Gesetze der Ausübung öffentlicher Ämter nicht entgegenstehe.

Man kann sich nur schwer vorstellen, welchen Sturm der Entrüstung und der Empörung diese Schrift seinerzeit ausgelöst hat. Ich kann an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen. Nur soviel sei gesagt: Mendelssohn war schnell als Inspirator dieser Dohmschen Schrift ausgemacht. Selbst Kant, Hamann, Herder oder Jacobi mochten hierbei dem kleinen Juden aus Berlin nicht mehr folgen, in gewisser Weise fiel die Maske der Aufklärung. Solange Mendelssohn einige philosophische oder ästhetische Schriften verfasste, mochte es noch angehen, und man konnte sogar seine fortschrittliche Gesinnung zeigen, indem man ihn lobte und hochschätzte. Aber der offene Einsatz für die politischen Rechte seiner Glaubensgenossen ging irgendwie zu weit.

Insofern war Jerusalem auch eine Selbstverteidigung Mendelssohns. Da diese Schrift ein höchst lebendiges und zeitloses Zeugnis der Ökumene, der religiösen Toleranz und der Vernunftbegründung des jüdischen Glaubens darstellt, möchte ich mit einem Zitat daraus schließen und auch für das Gebiet des religiösen Dialogs Mendelssohns aktuelle Bedeutung unterstreichen.

Auf die Frage, "wie dereinst die Prophezeiung in Erfüllung kommen soll, daß nur ein Hirt und eine Herde sein soll", antwortet Mendelssohn:

"Ihr lieben Brüder! Die ihr es mit den Menschen wohlmeinet, lasset euch nicht betören! Um dieses allgegenwärtigen Hirten zu sein, braucht weder die ganze Herde auf einer Flur zu weiden, noch durch eine Tür in des Herrn Haus ein und aus zu gehen. Dieses ist weder dem Wunsche des Hirten gemäß noch dem Gedeihen der Herde zuträglich. Ob man die Begriffe vertauscht oder geflissentlich zu verwirren sucht? Man stellet euch vor, Glaubensvereinigung sei der nächste Weg zur Bruderliebe und Bruderduldung, die ihr Gutherzigen so sehnlich wünschet. Wenn wir alle nur einen Glauben haben, wollen verschiedene euch einbilden, so können wir einander des Glaubens, der Verschiedenheit der Meinungen nicht mehr hassen; so ist Religionshaß und Verfolgungssucht bei der Wurzel gefaßt; so ist der Heuchelei die Geißel und dem Fanatismus das Schwert aus der Hand gewunden, und die glücklichen Tage treten ein, da es heißt: Der Wolf wird mit dem Lamme wohnen und der Leopard neben der Ziege."

Aber die Einführung einer "Weltreligion" würde auf der Einführung neuer Symbole beruhen, die wiederum keiner verstünde. Das hieße wiederum, die Übereinstimmung durch eine Formel herbeizuführen. Und hier zeigt Mendelssohn die besondere Art des Judentums, das nicht an Dogmen, an Symbole und schriftliche Zeichen gebunden ist, sondern vielmehr an das lebendige Wort: "Bindet den Glauben nur erst an Symbole, die Meinung an Worte, so bescheiden und nachgebend ihr immer wollet; setzet nur ein für allemal die Artikel fest: Wehe dem Elenden alsdann, der einen Tag später kömmt und an diesen bescheidenen, geläuterten Worten etwas auszusetzen findet! Er ist ein Friedensstörer! Zum Scheiterhaufen mit ihm!"

Die Kraft der Wahrheit und des Glaubens läge aber nicht in Formeln und Symbolen, sondern in der mündlichen Überlieferung: "Die ungeschriebenen Gesetze aber, die mündliche Überlieferung, der lebendige Unterricht von Mensch zu Mensch, vom Mund ins Herz, sollte erklären, erweitern, einschränken und näher bestimmen, was in dem geschriebenen Gesetz... unbestimmt geblieben ist."

Entscheidend sei die Suche nach Wahrheit, und darin wären sich Juden und Christen schließlich einig: "Wenn es wahr ist, daß die Ecksteine meines Hauses austreten und das Gebäude einzustürzen droht, ist es wohlgetan, wenn ich meine Habseligkeit aus dem untersten Stockwerke in das oberste rette? Bin ich da sicherer? Nun ist das Christentum, wie Sie wissen, auf dem Judentum gebaut und muß notwendig, wenn dieses fällt, mit ihm über einen Haufen stürzen. .....Der Christ, dem es um Licht und Wahrheit im Ernste zu tun ist, wird beim Anscheine eines Widerspruchs zwischen Wahrheit und Wahrheit, zwischen Schrift und Vernunft, nicht den Juden zum Kampfe auffordern, sondern mit ihm gemeinschaftlich den Grund des Widerspruchs zu entdecken suchen. Es geht ihrer beiden Sachen an! Was sie unter sich auszumachen haben, mag auf eine andere Zeit ausgesetzt bleiben. Vorerst müssen sie mit vereinigten Kräften die Gefahr abwenden." (22)

Fußnoten

(1) Sebastian Hensel: Die Familie Mendelssohn, Frankfurt am Main 1995, S.26
(2) Ebda., S.44
(3) Moses Mendelssohn, Ästhetische Schriften, Felix Meiner, Hamburg, 2006, S.28
(4) Gottfried Wilhelm Leibniz
(5) Moses Mendelssohn, JubAusg. Band 5,1 - S.12/13
(6) Mendelssohn, Morgenstunden, Reclam Verlag 1979, S.77
(7) Heinz Knobloch, Herr Moses in Berlin, Berlin 1989, S.112/113
(8) Mendelssohn, Ästhetische Schriften, 2006, S.188
(9) Leibniz
(10) Mendelssohn, Ästhetische Schriften, S.188
(11) Ebda.
(12) Ebda., S.16/17
(13) Ebda., S.26
(14) Zitiert aus Eva Engel, Moses Mendelssohn und die europäische Aufklärung, Dessau 1999, S.12
(15) Heinz Knobloch, Herr Moses in Berlin, Berlin 1989, S.136
(16) Mendelssohn, Ästhetische Schriften, 2006, S.219
(17) Ebda.
(18) Ebda., S.225
(19) Ebda., S.239/240
(20) Mendelssohn, JubAusg. Band 5,1. S.170
(21) Ebda.
(22) Moses Mendelssohn, Schriften über Religion und Aufklärung, Berlin 1989, S. 404/405

Bildnachweis

Bild 1: Moses Mendelssohn (1771, Porträt von Anton Graff, Kunstbesitz der Universität Leipzig)
https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Mendelssohn
Bild 2: Der Lavater-Streit, Gemälde von Moritz Oppenheim, 1856
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:OppenheimGemaelde.jpg

Moses Mendelssohn

Moses Mendelssohn - der Berliner "Sokrates"
von Frank Hahn

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